Frank Goosen widmet sich einer ersten großen Leidenschaft: den Beatles. In seinem neuen Buch verrät er auch, für wen er selbst Songs schrieb.
Am Anfang war ein Satz. Der Anfang war 1979 und der Satz lautete: „Gib mir kein Geld, gib mir lieber ein paar Platten für meinen Jungen!“ So sprach Vater Goosen, der Elektriker, nach getaner Schwarzarbeit im Bochumer Fachhandel Radio Zerfass. Und kam heim mit „Abbey Road“ sowie dem „Roten“ und dem „Blauen Album“, die der kleine Frank auf seinen Mister Hit von Telefunken legte und eine „Parforceritt durch die ganze Geschichte der Beatles“ begann.
Wobei – hier müssen wir einmal zurückspulen – vor den Platten die Kassette kam. Nämlich eine überspielte Kassette, „Seargent Pepper’s Lonely Hearts Club Band“ – „und ich weiß noch, dass sie mich bei Lucy in the Sky with Diamonds schon hatten. Oder erst. Ist ja immerhin die dritte Nummer auf der Platte.“ Nach einer „kurzen Abba-Phase“ und einem Flirt mit den Stones war Frank Beatles-Fan – was der Elektriker-Vater im grauem Kittel, mit den Platten unterm Arm ein Götterbote im dunkelbraunen Jugendzimmer, wusste. „Ich hatte jetzt ein Projekt. Es war nun meine heilige Pflicht, mich in das Gesamtwerk dieser vier Typen aus Liverpool zu versenken.“
Es gehört zum Charme dieses Büchleins, das Frank Goosen für die „Musikbibliothek“ des Kölner Verlags Kiepenheuer & Witsch geschrieben hat, dass es nicht etwa die Geschichte einer Band erzählt, sondern die Geschichte einer Leidenschaft. Neun Jahre nach ihrer Trennung waren die Fab Four ein Mythos, aber doch voller Geheimnis: „Ich las zwar von dem legendären Konzert im Shea-Stadion, konnte das aber ebenso wenig sehen wie die Auftritte der Beatles in der Ed Sullivan Show.“
Der junge Goosen ersetzt Informationen durch Fantasie und Kreativität. Vor dem etwas reiferen Schulhof-Kumpel schneidet er auf mit einer imaginären Freundin namens „Michelle“ – „ich schwöre, ich war wirklich so blöd, ein Mädchen zu erfinden, der ich einen Namen aus einem Beatles-Song gab!“
Auf der Penny Lane in Liverpool
Später wird er Welthits im Geiste der Beatles produzieren, die außer einer gewissen Claudia niemand hört. Immerhin existieren noch 37 Songs aus den Jahren 1981-83, in Mordillo-Kladden und Ringbüchern mit „Let’s fetz“-Stickern. Wer wissen mag, wie der Gitarrenunterricht bei „Stoney“ im Amtshaus Hamme verlief: „Die Details kann man in einer Szene meines ersten Romans Liegen lernen nachlesen.“
Ja, natürlich ist das furchtbar eitel! Ebenso wie die Information, die Beatles hätten nur 25 Tage nach Goosens Geburt 1966 in der Grugahalle gespielt. Es tröstet die Selbstironie, mit der Goosen einen Trip nach Liverpool beschreibt und seine Scham, nicht alle Fan-Fragen des Taxi-Guides korrekt beantworten zu können. Und wenn Goosen die indifferenten Gesichter seiner pubertierenden Söhne auf eben diesem Trip skizziert, dann dämmert seinen Lesern: Dieses unbedingte Fan-Sein, diese Hingabe, dieser größenwahnsinnige Wille zum Wissen über jedes Detail – er geht dem Nachwuchs in einer Welt, in der jeder alles sofort streamen und googlen kann, völlig ab. Insofern ist dieses Büchlein ein Sich-Aufbäumen gegen den allzu coolen Zeitgeist. Und unbedingt lesenswert.
Buchpremiere am 13. Februar um 19.30 Uhr im Bochumer Schauspielhaus, Restkarten an der Abendkasse. Nächste Termine: 18.2. Dorsten, 19.2. Essen, 20.2. Dortmund. Alle Infos: www.frankgoosen.de