Essen. Sie mögen Berlin sehr. Da liegt es nahe, dass Erfolgsmusiker wie Neil Tannent und Chris Lowe daraus ein Album machen: „Hotspot“ der Pet Shop Boys.

Ganz gleich ob U2, David Bowie, Depeche Mode oder R.E.M. – Berlin hat schon immer eine besondere Faszination auf die Größen der Popkultur ausgeübt. Wobei allerdings noch kein Künstler so leidenschaftlich war wie die britischen Pet Shop Boys – mit über 100 Millionen verkaufter Tonträger einer der erfolgreichsten Pop-Acts aller Zeiten: Das Duo um Neil Tennant und Chris Lowe unterhält seit zehn Jahren einen Zweitwohnsitz an der Spree – und serviert mit seinem neuen Album „Hotspot“ eine regelrechte Liebeserklärung an die deutsche Hauptstadt: „Wir haben gute Freunde in Berlin und mögen die vielen, kleinen Cafés“, so der ehemalige Musikjournalist Tennant. „Es ist ein ganz anderer Lifestyle als bei uns zu Hause, der sich mehr um Kaffee und Kuchen dreht. Und wir kriegen hier mehr geschafft, weil es ruhiger und entspannter ist als in London. Die Stadt hat einen ganz anderen Rhythmus und der ist viel relaxter.“

Der geneigte Leser merkt sofort: Chris Lowe und Neil Tennant sind bekennende Berlin-Fans. Was so weit geht, dass sie seit zehn Jahren ein Apartment samt Studio im Westen der Stadt ihr Eigen nennen – und ihr nun eine musikalische Hommage widmen. Aufgenommen in den legendären Hansa-Studios, ist „Hotspot“ eine Liebeserklärung an die Hautstadt - an die Club-Szene, die Kaffeehauskultur, das öffentliche Nahverkehrssystem und das grüne Umland. „Im zweiten Stück des Albums, in ´You Are The One´, besuchen wir einen der vielen Seen außerhalb der Stadt – es ist eine Hommage ans sommerliche Berlin, das die meisten gar nicht kennen“, erklärt Tennant. „Sie halten die Stadt für ziemlich kalt. Dabei kann das Klima wunderbar sein. Ich bin hier oft im August, weil ich gerne mit dem Fahrrad durch die Wälder fahre.“

„Hotspot“ von den Pet Shop Boys - ein Lieder Lob auf Spielwiese und Zuflucht Berlin

Somit ist der Hotspot eine Mischung aus Spielwiese und Zuflucht. Ein Ort, an dem das Duo gleichermaßen Ruhe wie Inspiration findet - und sich dem aktuellen sozio-politischen Chaos in Großbritannien bewusst entzieht. Bei Themen wie Brexit und Boris Johnson schütteln die beiden Ü60er unwillig die Köpfe – reden wollen sie darüber nicht. Und auch ihre Songs sind kein Kommentar zum Zeitgeschehen, als vielmehr ein Gegenentwurf dazu. Ein Konzentrieren auf das Wesentliche – nämlich das Leben zu genießen und Spaß zu haben. Eine Botschaft, die Kritikern fast zu simpel ist: „Ich habe online gelesen, wie jemand den Text zu ´Burning The Heather´ als Metapher für den Brexit analysiert hat“, lacht Tennant. „Und das hat überraschend gut funktioniert. Dabei war das gar nicht meine Intention. Ich habe eher daran gedacht, dass man halt etwas zerstören muss, um etwas Neues zu schaffen. Aber wer weiß: Vielleicht ist es ja ein unterbewusster Brexit-Song.“ Der Spaß-Ansatz, der in den meisten Texten dominiert, setzt sich auch in der Musik fort: Die zehn Stücke bieten die typische, weil bewährte Pet Shop Boys-Mischung aus Synthie-Pop, Disco und Bombast. Betont vielseitig, mit einem ausgesprochen druckvollen, dynamischen Sound und einem starken 80s Vibe. Ein überzeugendes Album zum Chillen und Feiern - für alle, die der realen Welt einfach mal für die Dauer einer Dreiviertelstunde entfliehen wollen. „Vor allem ´Monkey Business´ ist ein echter Party-Track“, kichert Tennant. „Einer der eingängigsten, die wir je gemacht haben. Er ist funky und bringt selbst mich zum Tanzen. Während `Only In The Dark´ ein sehr romantisches Stück darüber ist, mit jemandem auf der Couch rumzuknutschen. In Amerika würde man sagen: Ein Song zum Rummachen.“

Ein Album zum Chillen und Feiern. Im Mittelpunkt: Der Zweitwohnsitz Berlin

Ein schelmisch-naiver Humor, der die ergrauten Boys jung hält und Fragen nach der eigenen Halbwertszeit im Keim erstickt. Tennant und Lowe denken längst nicht an die Rente – wohl aber ans nächste Album. „Da werden wir wohl wieder mit einem Orchester arbeiten. Wer weiß, vielleicht wird es auch unser Schlager-Album – mit dem Titel ´Pet Shop Boys – Genau´. Darüber reden wir schon ewig.“ Eine charmante Drohung.

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Eine „Greatest Hits“-Tour starten die Pet Shop Boys im Mai: Erstmals setzen sie ausschließlich auf bekanntes Material: Es schien ihnen „eine gute Idee, einfach mal einen Hit nach dem anderen aufzufahren und zu sehen, wie das Publikum reagiert. Welche Energie da zurückkommt.“ Am 2. Mai sind die größten Pet-Shop-Hits in der Arena Oberhausen zu hören.