Köln. Lust, Laster und der „Lachfoxtrott“: Die Revue „Berlin, Berlin“ macht auch in Düsseldorf Station – und soll alsbald auf Welttournee gehen.
Die grüne Fee hat Feierabend. Ihr Begleiter, im Smoking mit Fliege, nimmt ihr behutsam die Flügel ab und verstaut sie an der Garderobe in einem gepolsterten Karton. Hernach hüllt er die Fee in ihren bodenlangen schwarzen Mantel, sie windet sich einen Strickschal um den Hals und beide entschwinden in die nebelkalte Nacht. Die Party im Musical Dome indes geht weiter. Köln feiert „Berlin Berlin“.
Damit die Zuschauer von der gleichnamigen Revue ganz berauscht sind, hätte es des Werbegags eines ostdeutschen Absinthherstellers – auf der Premierenfeier verteilte die (da noch vorschriftsmäßig beflügelte) Fee Cocktails auf Basis der verruchten Wermut-Spirituose – gar nicht bedurft. Auch diejenigen, die nicht zu den Auserwählten gehören, die hinterher mit den Künstlern feiern dürfen, haben beim Verlassen des Saals ein Lächeln im Gesicht und ein Lied auf den Lippen. Jeder ein anderes.
„Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt“ hauchen die Erotomanen
„Irgendwo auf der Welt, gibt’ ein kleines Stück vom Glück“ summen die von Wehmut Berührten. „Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt“ hauchen die Erotomanen. Die Unartigen beschließen: „Let´s Misbehave“. Und die ganz, ganz Mutigen, die kichern sich noch einmal weg, im giggelnden, gluckernden, gicksenden Rhythmus des „Lachfoxtrott“. Im Kopf spielt das Salonorchester dazu, acht wunderbare Musiker, die das tun, wie man das heute nicht mehr tut, ganz ohne E-Gitarre oder E-Bässe, dafür mit Banjo, Kontrabass und Violine, mit hoch aufjauchzender Klarinette und ganz viel Vibrato.
Für ein paar Stunden wähnte sich das Publikum im Berliner Admiralspalast, wo in den 1920ern ein charmanter Conferencier (Martin Bermoser) in eine Welt entführt, in der Lebenshunger, Lust und Laster regieren: „Hätten all diese wunderbaren Menschen auf der Titanic gespielt, der Dampfer wäre niemals untergegangen. Das Eis wäre geschmolzen – we’re so hot.“ Und heiß sind sie in der Tat, die über 30 Darsteller in ihren Fransen-, Feder- oder Samtkostümen, die aus Sekretärinnen Prinzessinnen und aus Laufburschen Prinzen machen.
Die Revue von Martin Flohr und Christoph Biermeier soll auf Welttournee gehen
Aber man trifft auch weibliche Ikonen wie die hemmungslose Anita Berber (Sophia Euskirchen), eine sündige Studie in Scharlachrot, wie dem Gemälde von Otto Dix entstiegen. Die just zur „Feschen Lola“ erkorene Marlene Dietrich (Nina Janke) oder die meinungsfreudige Josephine Baker (Dominique Jackson), die dem Faschismus den Kampf ansagt. Sie alle singen und tanzen so, als gäbe es keinen Morgen mehr. Wobei der längst graut: im Zeichen des Hakenkreuzes, das auch vor dem Vergnügungspalast nicht halt macht.
Aber, so lautet am Schluss die versöhnliche Botschaft: es kommen auch wieder bessere Zeiten. Wollen wir hoffen, dass das so bleibt. Nach der Weltpremiere im Dezember in Berlin und Gastspielen in Deutschland soll die Revue von Martin Flohr (Konzept), Christoph Biermeier (Buch und Regie) und Co-Autor Thomas Lienenlücke weltweit auf Tour gehen. Das Zeug dazu hat sie.
Bis 2.2. im Musical Dome Köln. Vom 4. bis 9.2. im Capitol Theater Düsseldorf. Karten: www.ruhrticket.de