Duisburg. Im Duisburger Opernhaus feierte Martin Schläpfer Abend „b.42“ Premiere. Begeisterter Jubel für die hohe tänzerische Qualität des Ensembles.

Sechs Paare springen, laufen und drehen in Formationen. Manchmal reihen sie sich zusammen – ihre Linien lassen von Weitem ein Quadrat, Rechteck, Dreieck oder andere geometrischen Figuren erkennen. Alle in schneeweißen Trikots vor strahlend blauem Hintergrund. Seine neoklassische Ballett-Ästhetik in Blau-Weiß nannte George Balanchine vor 60 Jahren „Square Dance“. Und spielt dabei mit Regeln, Schrittfolgen und Posen des gleichnamigen Volkstanzes, der bis heute in den USA in Clubs gepflegt wird. Mit Balanchines Klassiker beginnt das Ballett am Rhein seinen neuen dreiteiligen Abend „b.42“, der im Duisburger Opernhaus bejubelt wurde.

Das Solo-Paar Sonia Dvorák und Orazio Di Bella entführt in höhere Sphären

Die Perfektion und spielerische Leichtigkeit, mit denen Schläpfers Truppe diesen rasanten Tanzreigen über die Bühne bringt, beweisen erneut die Qualität seines handverlesenen Ensembles. Die kleinen blitzschnellen Sprünge, die exakt gedrehten Pirouetten und die eleganten Körperlinien nehmen die Impulse von Vivaldis Concerto grosso und einer Sonate von Arcangelo Corelli auf. Frisch und luftig intoniert von Duisburgs Philharmonikern unter Martin Braun. In kurzen Momenten erkennt man humorvolles Augenzwinkern. Musikalisch auf den Punkt kommen jedenfalls die geometrischen Raumbilder, ebenso die lebendig schwirrenden Allegro-Passagen. In den langsamen Sätzen entführt das Solo-Paar Sonia Dvorák und Orazio Di Bella mit fließenden Pas-de-deux und langen Balancen in höhere Sphären.

Schläpfers „Reformationssymphonie“ ist eine seiner stärksten Choreographien

Trikots und Spitzenschuhe ganz in Schwarz indes dominieren in „Reformationssymphonie“, mit der Schläpfer die d-Moll-Symphonie von Mendelssohn-Bartholdy in kantige theatralische Tableaus setzt. Die tänzerische Auseinandersetzung mit Liturgie und Gottesdienst in strengen Bildern ist sicherlich eine der stärksten Choreographien, die Schläpfer in Mainz kreierte, in seiner ersten Spielzeit am Rhein und jetzt, kurz vor seinem Abschied, noch einmal zeigt und dafür gefeiert wird. In protestantischer Strenge in Schwarz-Weiß gehalten, ohne barocke Farbenpracht, ohne Posen eines Erlösers. Sucher und Zweifler bleiben die Tänzer in allen Sätzen, ringen um Liebe und Erkenntnis. Sie glänzen in Virtuosen- oder Kabinett-Stücken, manchmal mit ironischem Blinzeln. So hämmert im Schluss-Choral „Ein feste Burg ist unser Gott“ ein Mann mit Fäusten vor sich hin. Ist es Martin Luther, der mit sich, an seinem Glauben und der Welt hadert?

„Symphonic Poems“ ist eine Uraufführung von Remus Sucheana – leider wenig kraftvoll

Wenig tänzerische Kraft, dafür ein suggestives Bühnenbild mit einer grauen Felswand (Darko Petrovic), fantasievolle Kostüme und Hüte (Mylla Ek) bieten das dritte Stück: „Symphonic Poems“, eine Uraufführung von Remus Sucheana. Zu surrenden und schwelenden Geräuschen („metacosmos“ von Anna Thorvaldsdottir) fiel Sucheana nur wenig ein. Drei Schlagzeuge samt Drummer schweben über Tänzern in langen, farbigen Gewändern. Gebeugt die Männer, aufrecht die Frauen, die durch grelle Kopf- und Ohr-Schmuck herausragen. Die spärlichen, spröden Bewegungen passen zu den Klängen, die an die Untermalung eines Landschafts-Films aus Island erinnern. Sich aber einen Reim aus dem 18-Minuten-Opus zu machen, fällt schwer. Es versetzt eher in Ratlosigkeit.

Termine: 19., 25. Jan., 2., 16., 22. Februar. Karten: 0203/ 283 62 100, www.operamrhein.de