Essen. Die Zeitschrift „Cinema“ feiert ihre 500. Ausgabe. Sie ist weiterhin nah dran am Dreh in aller Welt – und gleichzeitig offen für Netflix und Co.
Über Jahrzehnte trug sie den Beinamen „Europas größte Filmzeitschrift“. Und bis heute ist sie für viele passionierte Kinogänger im deutschsprachigen Raum so etwas wie die Bibel: Die „Cinema“ führt ihre Leserschaft seit 1977 vor und hinter die Kulissen der Filmwelt. Soeben ist Heft Nummer 500 erschienen. Und Chefredakteur Philipp Schulze kennt ein Geheimnis des Erfolgs seines Monatsmagazins: „Wir kümmern uns nicht nur um die Blockbuster, sondern immer auch um die kleinen Filme.“
Im September 1977 kam das Heft mit der Nummer 1 auf den Markt
Es war im Mai 1975, als ein erstes Testheft der „Cinema“ veröffentlicht wurde. Diese in Kleinformat und Schwarz-Weiß-Optik präsentierte „Nullnummer“ stieß zwar bereits auf beachtliches Interesse, es dauerte dennoch zwei weitere Jahre, bis das reguläre Heft mit der Nummer 1 auf den Markt kommen sollte. Das Titelcover im September 1977 zierte Schauspieler Roger Moore, denn Schwerpunktthema dieser Erstausgabe war der damals brandaktuelle James-Bond-Film „Der Spion, der mich liebte“.
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„Die Bond-Filme haben für uns immer eine sehr große Rolle gespielt“, sagt Chefredakteur Schulze (45), der Ende der 90er Jahre schon bei der „Cinema“ volontiert hat, ehe er im Vorjahr in verantwortliche Position aufgerückt ist. Er selbst war erst kürzlich für einen Setbericht nach Edinburgh und Inverness gereist, um dort in Schottland die Dreharbeiten einiger Stuntszenen für den neuen 007-Film „Keine Zeit zu sterben“ hautnah mitzuerleben. Das 25. Abenteuer dieser Agentenfilm-Reihe kommt Anfang April in die Kinos. Und natürlich ist mit Daniel Craig auch der aktuelle Bond-Darsteller auf dem Titel der jetzigen Jubiläumsausgabe zu sehen.
„Diese Vor-Ort-Reportagen gehören bis heute zu unseren Markenzeichen und Alleinstellungsmerkmalen“, sagt Schulze. Denn in einer durch das Internet radikal veränderten Medienlandschaft müsse man als Fachzeitschrift mehr bieten als nur die Besprechungen der neuesten Kinofilme, um sich abzuheben und noch wahrgenommen zu werden. Das sei früher anders gewesen: „Wer sich für Filme interessiert hat, für den gab es damals nichts Anderes als die Cinema. Heute sehe ich uns eher als Wegführer, der den Lesern Orientierung im Informationsdickicht bietet.“
„Die Streamingdienste werden immer nur eine Ergänzung zum Kino sein.“
Die Internet-Homepage der „Cinema“ habe erfreuliche Zugriffszahlen, so der Chefredakteur. Aber auch die Druckauflage mit derzeit 60.000 Exemplaren könne sich sehen lassen. Mit dabei seien Abonnenten der ersten Stunde, die bis heute sogar jedes der 500 Hefte aufgehoben haben. „Wir haben aber auch viele neue jüngere Stammleser, die uns erst kürzlich entdeckt haben“, so Schulze. Das liege auch daran, dass er und sein zwölfköpfiges Redaktionsteam den Mut hatten, die Zeitschrift zu verändern. Seitdem immer mehr Menschen lieber im heimischen TV Streamingdienste wie Netflix oder Amazon Prime nutzen statt ins Kino zu gehen, hat die „Cinema“ auch verstärkt die dort gezeigten Serien in den Fokus genommen.
Trotzdem sind die Lichtspielhäuser für Schulze nicht eine vom Aussterben bedrohten Art. „Die Streamingdienste werden nicht der Ersatz, sondern immer nur eine Ergänzung zum Kino sein.“ Denn im abgedunkelten Saal gemeinsam mit Fremden eine emotionale Reise zu unternehmen, bei der man gemeinsam lache oder weine, das könne nur das Kino bieten. „Auch wenn ich schon Tausende Mal im Kino war“, so Schulze, „ich finde es bei jedem Mal wieder neu aufregend“.