Düsseldorf. Hart, direkt, rauh: In seiner ersten Arbeit fürs Düsseldorfer Schauspielhaus zeigt David Bösch einen „Heinrich VI.“, der das Publikum begeistert.
Wenn sich Regisseur David Bösch ein Drama von William Shakespeare vorknöpft, dann sollten die Zuschauer in den ersten Reihen besser in Deckung gehen. Denn auf der Bühne geht es gern hoch her: Es wird geprügelt, geschrien und gekotzt, dass es eine helle Freude ist. Da rasseln die Schwerter und fliegen die Köpfe – rauh, ordinär, aber lustig und mit Herz auf schwankende Bretter gebracht.
Das war bei seiner Bochumer „Romeo und Julia“ schon so, mit der Bösch 2004 seinen Ruf als junger Wilder und Punk-Poet begründete. Und daran hat sich 15 Jahre später nichts geändert: Bei seiner ersten Arbeit am Düsseldorfer Schauspielhaus macht Bösch aus „Heinrich VI.“ ein wildes, zappendusteres Stück über den Abstieg eines spektakulär unfähigen Regenten.
„Henry VI & Margaretha di Napoli“ ist eine Bearbeitung des Belgiers Tom Lanoye
Gespielt wird allerdings nicht das ausufernde Original, sondern eine Bearbeitung des belgischen Autoren Tom Lanoye, der die drei gestandenen Fünfakter auf das Wichtigste verkürzt. Der Titel „Henry VI & Margaretha di Napoli“ verrät die neue Denkweise: Hier rückt die Gattin des Königs, die von Machtstreben zerfressene Margaretha, in den Mittelpunkt der Handlung. Sonja Beißwenger gibt sie als bitterböses Biest.
Auch sonst herrscht am Hof eigentlich nur eins: Frauenpower. Während der junge König nach dem Tod seines Vaters nur mühsam den Weg zur Krone findet, bringen sich vor allem die Damen um ihn herum in Stellung. Da wäre Heinrichs Tante Leonore, von der formidablen Minna Wündrich mit Kraft und Würde gegeben, die den zaudernden König zu schützen versucht, ehe sie im Intrigenspiel nicht ganz schuldlos zerrieben wird. In Frankreich ist es Johanna von Orleans, die wie ein unheilvoller Geist erscheint, den es sogleich auszumerzen gilt. Heinrich staunt über all dies nicht schlecht: André Kaczmarczyk spielt ihn wunderbar als liebenswürdigen Trottel, der sich lieber hinter seinen Büchern vergräbt statt der bitteren Realität ins Auge zu blicken.
Im zweiten, besseren Teil dreht David Bösch gehörig an der Gewaltspirale
Auf der Bühne von Patrick Bannwart, auf der eine riesige Krone wie ein Damoklesschwert über den Figuren schwebt, entwickelt sich das blutige Spiel zunächst langsam, dann aber mit Macht. Im zweiten, besseren Teil nach der Pause dreht Bösch gehörig an der Gewaltspirale. Im Halbdunkel wabert fortwährend Nebel, während das Gemetzel gespenstische Dimensionen annimmt. Hier ist es vor allem Lieke Hoppe, die als junger Richard (dem späteren Richard III.) das Schwert unbarmherzig führt und offenkundig großen Spaß am völlig überdrehten Spiel hat.
Dabei zeigt sich erneut ein altes Problem an Böschs Regiestil: Er inszeniert hart und direkt und treibt die Figuren dabei so lange an den Rand der Karikatur, bis sie niemand mehr ernst nimmt. Wirklich zu berühren vermögen sie nur selten. Dennoch: großer Beifall.
Dauer: ca. 3 Stunden inkl. Pause. Termine: Tel. 0211 / 36 99 11