Düsseldorf. 2020 wechselt Martin Schläpfer nach Wien. Jetzt hat Düsseldorfs Ballettchef seine letzte Choreographie fürs Ballett am Rhein zur Premiere gebracht.

Viele Cellokonzerte sind bereits ‚vertanzt’ worden. Doch an Schostakowitschs zweites Konzert in g-moll, weniger virtuos als träumerisch in sich gekehrt, wagt sich jetzt Martin Schläpfer. In seiner letzten Spielzeit als Chef des Balletts am Rhein präsentiert er dieses Opus voll von kreisenden Klagegesängen, perkussiven Passagen und wuchtigen Trommelschlägen im neuen Ballettabend b.41, in der nicht voll besetzten Rheinoper in Düsseldorf.

Letzteres erstaunt, ebenso wie der recht zurückhaltende Applaus für Schläpfer, der in den letzten zehn Jahren 22 neue Arbeiten kreierte (darunter einige wegweisende) und Düsseldorf/Duisburg zu Tanzzentren machte. Doch die Zeiten sind vorüber, in denen der Schweizer, der ab 2020 an die Wiener Staatsoper wechselt, wie eine Lichtgestalt neoklassischen Tanzes mit stehenden Ovationen bejubelt wurde. Und die Kommunen ihm kaum eine Bitte abschlugen. Man denke an die 30 Millionen für das First-Class-Balletthaus in Düsseldorf.

Das Cellokonzert von 1966 soll sein Abschiedsgeschenk sein. Es geht um keine Geschichte, sondern um reinen Tanz. Ganz à la Schläpfer. Mal tanzt die Gruppe barfuß, dann, neoklassische Soli, auf Spitzenschuhen. Elegisch fließend, manchmal rhythmisch stampfend. In virtuosen Pas-de-deux glänzen besonders die Frauen mit makelloser Technik und extremen Dehnungen.

Schläpfers letzte Arbeit als Chef gilt dem zweiten Cellokonzert von Schostakowitsch

Doch, wie häufig bei Schläpfer, stemmen sich plötzlich die Tänzer gegen die belebenden Perkussion, bleiben stehen oder kraulen und rollen über den Boden. Streckenweise ganz schön anzusehen, aber so richtig springt der Funke nicht über.

In vielen Tableaus vor dem eckigen Spiralbild von Marcus S. Bertermann spürt man eine Ratlosigkeit des Choreographen, die sich auf die Zuschauer überträgt.

Jubel gab’s in Düsseldorf für einen modernen Klassiker: „Forgotten Land“ von Jirí Kylián

Wie zauberhaft, träumerisch dagegen „Forgotten Land“ von Jirí Kylián. Neben zwei Ausdruckstanz-Klassikern aus dem Tanzmuseum von Martha Graham eröffnet Kyliáns Erzählung von Leben und Sterben (1981 vom Stuttgarter Ballett uraufgeführt) den Abend. Vor malerischer Kulisse, einem Ozeanbild mit anrollenden Wellen mit Schaumkronen (John F. Macfarlane) brechen Paare in Schwarz, Grau, Beige, Rot, Pink und Weiß in unbekannte Gefilde auf.

Zu Brittens Trauermusik ‚Sinfonia da Requiem’ irren sie in Richtung Meer, kommen zurück, suchen Schutz. Häufig in atemberaubendem Tempo. Die Frauen in fließenden Gewändern finden sich zu Gruppenbildern, die an Pina Bausch erinnern. Ihre Gesichter und Bewegungen sprechen von Angst vor Leben und Tod. Rundum ein packendes Meisterwerk, das bejubelt wurde.

Nächste Termine:

29., 30. Nov. 19., 28. Dez.,16., 17. Jan. 2020, Karten-Telefon: 0211/8925211, www.operamrhein.de