Essen. Drei Jahre nach dem Tod Leonard Cohens erscheint sein musikalisches Vermächtnis: „Thanks For The Dance“. Wie man sich würdig verabschiedet.

Es kommt einem vor, als wäre man Zeuge eines nun schon recht lang andauernden Abschieds. Schließlich hatten schon die letzten Alben des großen Sängers und Songwriters Leonard Cohen den resümierenden, versöhnlichen Charakter eines Lebensfazits, das man nur überzeugend vortragen kann, wenn man mit sich im Reinen ist. Leonard Cohen zog seinen Hut vor der Welt schon auf „You Want It Darker“.

Und bis jetzt konnte man auch den Eindruck haben, dass damit ja schon alles gesagt sei. Doch wer nun das posthum produzierte, von Cohens Sohn Adam nachträglich zum Gesang des Vaters aufgenommene Album „Thanks For The Dance“ hört, ist ehrfürchtig und dankbar für diese finale Zugabe.

Das neue Album schließt nahtlos bei „You Want It Darker“ an

Denn Cohen schließt nahtlos bei „You Want It Darker“ an, das nur zwei Wochen vor seinem Tod im Jahr 2016 erschienen ist. Auch diesmal schwelgt er voller Dankbarkeit in Erinnerungen an seine verflossenen und verblassten Liebschaften, von denen es nicht wenige gegeben hat. In „Thanks For The Dance“, einem sehr langsamen Walzer, reicht die Dankbarkeit sogar über das Lebensende hinaus, etwas trauriger wird er dabei in „What Happens To The Heart“; während „The Night Of Santiago“ eher von einer kurzen, leidenschaftlichen Liebesnacht erzählt, die deshalb nicht weniger erinnernswert gewesen ist: „Though I’ve forgotten half my life, I still remember this“ fasst er zusammen, dass so vieles aus der Erinnerung verschwindet, aber dieses nicht.

Cohen war schon immer mehr Poet als Sänger, er sprechsingt sich mit dem brüchigen Bariton eines weisen 82-Jährigen auch hier durch die zurückhaltend instrumentierten Songs – die Rezitation steht im Mittelpunkt. Und die Botschaft. Davon gibt es nicht nur eine auf dem diesem Album, aber zumindest eine zentrale: In „The Goal“ singt er, dass er nichts zu lehren hat, außer dass das Ziel eines Lebens oft nicht so bedeutsam ist wie die Reise dorthin.

Das Spätwerk Cohens verdanken wir einem persönlichen Unglück

Doch Cohen verharrt nicht in der persönlichen Sphäre, mit „Puppets“ reflektiert er über den Holocaust und Kriege als eine Art Puppenspiel in überirdischen Händen: „Puppet German, puppet Jew“.

Das Spätwerk Cohens verdanken wir zwar einem persönlichen Unglück, denn vor gut 15 Jahren hatte Cohens Managerin einen Großteil seines Vermögens veruntreut. Und der damals 70-jährige Ruheständler machte sich noch einmal an die Arbeit – in künstlerischer Hinsicht ein wahres Glück.

Leonard Cohen macht den Abschied schwer und leicht zugleich

Für „Thanks For The Dance“ hat Adam Cohen ein prominentes Abschiedsgeleit vereint: Mitstreiterin Jennifer Warnes („First We Take Manhattan“), Bryce Dessner (The National), Leslie Feist, Beck, Damien Rice – sie sind zu hören und treten doch hinter der Stimme des großen, alten Songpoeten zurück.

Leonard Cohen macht den Abschied schwer und leicht zugleich, denn er wird nicht allzu zu sentimental und sein letzter Gruß in den letzten Zeilen dieses bewegenden Albums lautet, dass man nicht ihm, sondern lieber den singenden Vögeln zuhören sollte: „Listen to the hummingbird, don’t listen to me“. Mach’s gut, Leonard!

Leonard Cohen: Thanks For The Dance (Sony, ab 22.11.)