Düsseldorf. Mit ihrer dritten Ausgabe bis zum 17. November hat sich die Kunstmesse in den Industriehallen des Areals Böhler am Rande von Düsseldorf etabliert.
Die dicke Jacke, die Viviana Abelson da aus einem aufgeschlitzten Lkw-Reifen geformt hat, wäre selbst Arnold Schwarzenegger 20 Nummern zu groß. Aber so sehr sie auf dicke Hose macht, sie ist eher was für Leute mit dicker Brieftasche, 22.000 Euro sagt der Galerist, und wahrscheinlich kann man nur
noch mit ihm handeln, ob da jetzt die Mehrwertsteuer schon mit drin ist oder nicht. Denn die argentinische Städel-Absolventin Abelson gehört zu den Hoffnungen des Kunstbetriebs – und die am heutigen Freitag anlaufende Art Düsseldorf, auf der sie gerade ausgestellt wird, nunmehr wohl zum etablierten Kunstmessen-Bestand, nachdem es die 2007 gestartete Vorläufer-Messe „Düsseldorf Contemporary d.c.“ über die Premierenausgabe nicht hinausgebracht hatte.
Schließlich gibt es ja in Düsseldorf und der weiteren Umgebung bis ins Ruhrgebiet durchaus ein ansehnliches Kunstkäuferpotenzial, wie die deutlich erhöhte Porsche- und SUV-Quote in der Autoflotte vor den alten Industriehallen des Areals Böhler an der Grenze zum Düsseldorfer Nobel-Vorort Meerbusch deutlich vor Augen führt. Zumal in der internationalen Nachkriegskunst die Modellvielfalt deutlich höher ist und in der Regel ja sogar Einzelstücke gefertigt werden.
Viereinhalb Meter Straßenfront von Wim Wenders, Basteleien von Ai Weiwei
Deshalb dominiert unter dem tageslichtdurchlässigen Glasdach auch die eher wilde als freche, eher gegenständliche als abstrakte Malerei an den Wänden der 100 angereisten Galerien (die Hälfte aus dem Ausland, mit österreichisch-schweizerischem Schwerpunkt, aber auch Amerikaner und Skandinavier). Die Fotografie ist ebenfalls recht stark vertreten, und man muss ja nicht gleich einen viereinhalb mal zwei Meter großen C-Print von Wim Wenders mit einer scheintoten, abgezirkelten US-Straßenfront für 36.000 Euro kaufen; seine kleineren Polaroids, die ebenfalls vor vier Jahren noch im Museum Kunstpalast zu sehen waren, sind noch für einen Bruchteil dieser Summe zu haben.
Bastelarbeiten von Ai Weiwei, der diverse Tierköpfe in neoexpressionistischen Farben aus Legosteinen zusammengesteckt hat, kommen dagegen auf 1,2 Millionen Euro pro Satz; ein einzelnes Exemplar bietet die finnisch-schwedische Forsblom-Galerie allerdings schon für 160.000 Euro an. Plus Mehrwertsteuer.
Erwin Wurms tanzende Würstlmännchen, Fabrizio Plessis Wasser-Bildschirme
Die Düsseldorfer Galerie Sies + Höke hat den Kunstpopstar Jonathan Meese im Programm, bei Krinzinger aus Wien tanzen Würstchenmännchen von Erwin Wurm in polierter Bronze, macht 50.000 pro Stück, und immerhin gibt es fünf davon, plus zwei Künstlerexemplare.
Lokalmatador Hans Mayer empfängt am Eingang mit zwei außerordentlichen Collage-Boxen von Robert Rauschenberg, bei van der Koelen aus Mainz strahlen zwei extraschräge Bildschirme mit giftgrün umhertänzelnden Wasseroberflächen von Fabrizio Plessi den Chic der Digital-Moderne aus.
Zensurpunkte von Facebook – mit Tinte auf Papier von Johanna Reich
Aber Digitalien wird auch kritisch reflektiert: die in Köln arbeitende Johanna Reich hat Kunst-Akte von Schiele, Picasso und Courbet bis zurück zur Venus von Willendorf an jenen Stellen mit Pinsel und Tinte auf Papier markiert, die von Facebook zensiert wurden – und dann die Projektion des Bildes weggezogen, so dass nur die verlaufenden Zensurpunkte auf dem Blatt übrigblieben. Ein solches Blatt ist dann immerhin, samt Video, für 1800 Euro zu haben.
Art Düsseldorf: 15.-17. November, Areal Böhler, Hansaallee 321, 40549 Düsseldorf. Opening am Donnerstag, 14. November bis 16-20 Uhr Öffnungszeiten: Fr 12-19 Uhr, Sa/So 11-19 Uhr. Eintritt: Tageskarte 22,50 € (online inkl. VRR-Ticket), Tageskasse 25 €, erm. 17,50 € bzw. 20 €. Weitere Informationen: www.art-dus.de