Köln. Das Kölner Museum wirft Spots auf einen Jahrtausendmaler: 16 Rembrandt-Gemälde sowie rund 50 Drucke und Zeichnungen betten ihn in die Zeit.
Zu Rembrandts Zeiten besaßen zwei Millionen Niederländer drei Millionen Gemälde. Die Zahl der Rembrandts darunter wird seit zwei Jahrhunderten immer mal wieder neu bestimmt. Wies das erste Werkverzeichnis noch 588 Gemälde aus, waren es 1923 sogar 714. Seither ging es rapide bergab bis zum „Rembrandt Research Project“, das ab 1968 Bild für Bild durchging und nicht nur den berühmten „Mann im Goldhelm“ als Gesellenstück aus Rembrandts Werkstatt entlarvte – bis nur noch 265 gesicherte Rembrandts übrigblieben. Heute listet das neun Kilo schwere Werkverzeichnis nach Beseitigung einiger Zweifel wieder 329 Gemälde auf.
Wenn das Kölner Wallraf-Richartz-Museum nun 13 davon in den Mittelpunkt einer Ausstellung rückt und sie auch noch „Inside Rembrandt“ nennt, ist das mindestens kühn. Immerhin wirft man mit Bildern aus seiner Werkstatt, etlichen Radierungen und Zeichnungen sowie Gemälden von Freunden und Zeitgenossen (zusammen 111 Exponate) ansehnliche Spots auf entscheidende Stationen seines Lebens. 1606 geboren, ist Rembrandt Harmenszoon van Rijn das einzige von zehn Kindern seiner Müllersfamilie, das auf die Lateinschule geschickt wird in Leiden, der alten Universitätsstadt und Bildungshochburg. Man wird gemerkt haben, dass da kein durchschnittlicher Junge heranwuchs, und zu seinem Glück gab es mit Jan Lievens ein weiteres Wunderkind in Leiden, mit dem er quasi um die Wette malte.
Das Radierten brachte er sich selber bei
Eine tölpelig ausgefallene Radierung des 19-Jährigen zeigt, wie viel er in der Grafik noch zu lernen hatte, die er sich selber beibrachte und in der er Siebenmeilenfortschritte machte – fünf Jahre später ist aus demselben Thema („Die Beschneidung Christi“) schon ein kleines Meisterstück geworden. Und schon früh malt Rembrandt seine ersten Gelehrten, die in der Kölner Ausstellung einen roten Faden abgeben, mit dem riesigen „Gelehrten im Studierzimmer“ aus der Prager Nationalgalerie als Höhepunkt, auf dem der Schmelz des schwarzen Pelzmantels und die güldenen Brokatstickereien darauf Rembrandts geniale Maltechnik bezeugen.
Entscheidend aber ist der Blick dieses Mannes, diese Mischung aus mürrischem Gestörtsein, gelehrte Weltabgewandtheit und unverschämter Selbstsicherheit. Rembrandt konnte alles malen (auch eine neckisch-tragische, erzählfreudige Nymphenszene mit einem springenden Frosch, die aus dem Wasserschloss Anholt entliehen wurde), aber die Blicke seiner Gemälde sind tiefe Seen, in die man gut und gerne abtauchen kann.
Saskia war seine Geliebte und Managerin – aber das Glück blieb kurz
Das kurze Glück mit seiner über alles geliebten Frau Saskia, deren gekonnte Buchführung er spätestens bei seinem Bankrott vermissen sollte, der Wendepunkt seiner Karriere in Amsterdam, als er sein altes Monogramm „RH“ ablegte und nur noch mit seinem Vornamen signierte, wie Leonardo und Michelangelo.
Und er signierte dann eben auch Bilder aus seiner großen Werkstatt voller begabter Schüler, die ihm meisterlich erschienen. Er war zum Markenzeichen geworden.
Erprobung ohne Rücksicht auf sich selbst
Aber er wäre nicht Rembrandt gewesen, wäre er dabei stehengeblieben. Seine letzten Jahre, als der Reichtum perdu war, galten der Selbsterforschung. Rembrandt übertrug die Falten, Schründe, Schatten und Lichter seiner Künstlerseele immer unmittelbarer auf die Leinwand. Sein „Selbstporträt als Zeuxis“, als Maler, der sich zu Tode lacht, ist vorweggenommener Impressionismus in Braun- und Gelb-Tönen, genau wie der unfassbar modern wirkende „Apostel Bartholomäus“. Hatte er sich in Leiden und Amsterdam immer wieder selbst gemalt, um Marketing für sich zu machen, so galt es nun der reinen Kunst, der rücksichtslosen Erprobung des eigenen Genies. Davon lässt diese Verbeugung des Wallraf-Richartz im 350. Todesjahr des Malers denn doch einiges ahnen.