Essen. Ein etwas ungenaues Kirchengeschichtsbuch in bewegten Bildern: „Zwingli“ mit Max Simonischek zeigt ein Seelendrama, das vom heiteren Himmel fällt.
Auch wenn er rumpelnd auf einem Karren in Zürich Einzug hält – für die Kinozuschauer fällt dieser Ulrich Zwingli, der sich selbst zum Huldrych („Huldreich“) ernannte, fix und fertig vom Himmel. In der Schweiz, wo dieser Film schon sensationelle 250.000 Zuschauer hatte, mag jedes Kind von klein auf lernen, wo Zwingli, der stürmische, entschlossene Reformator herkam und wie er wurde, was er war. Aber deutsche Laien lässt dieser Film über die frühe Seelen- und Lebensgeschichte des Titelhelden im Unklaren.
Der ansehnliche Max Simonischek gibt dem Theologen wie zum Ausgleich ein wenig zu viel neuzeitlichen Sex-Appeal, und dann setzen auch noch viel zu viele Kerzen Schimmer ins Schweizer Dunkel – in der historischen Wirklichkeit war Bienenwachs unerschwinglich für das Volk, das mit rußenden Talgfunzeln bei verqualmtem Schummerlicht lebte, wenn es nicht vorzog, sich hühnergleich bei Sonnenuntergang zur Ruhe zu begeben.
Rätselhafter Furor gegen den Vatikan
Ansonsten bleibt dieser Film bei den historischen, biografischen Fakten, auch wenn er über Zwinglis wendungsreiches Leben vor seiner geistlichen Eroberung Zürichs jenseits des unehelichen Kindes fast nichts verrät. Dass er als ergebener Papst-Anhänger begann? Wird verschwiegen. Dabei erklärt doch erst Zwinglis Enttäuschung den antivatikanischen Furor, den er später entwickeln sollte.
Und auch die Gründe, warum die Zürcher Ratsherren Zwingli fast ergeben in die Rebellion gegen Papst, Kaiser und die altkatholischen Eidgenossen folgten, bleiben im Nebel der Geschichte: Dass er dem Stadtrat alle kirchlichen Entscheidungen übertrug, das Zwingli keine andere Autorität anerkannte als die Bibel, befreite ja auch die Kaufleute und Handwerker der prosperierenden Stadt von der kirchendogmatisch gerechtfertigten Herrschaft all der Bischöfe, Fürsten, Könige und Kaiser.
Übrig bleibt vor allem eine Love-Story vor einem geschickt illustrierten Verlaufsprotokoll der frühen Zürcher Reformation.