Essen. Für „Parasite“ gab es in Cannes die Goldene Palme. Bong Joon-hos Film über eine arme Familie ist nicht zuletzt eine packende Gesellschaftsstudie.
Selbst ein kundiger Arthaus-Besucher wird in diesen Kinos wohl höchst selten auf einen Film aus Südkorea treffen. Bisher hat man danach auch nicht wirklich gesucht. Man ist als Zuschauer immer auch ein wenig träge und mag sich eigentlich auch mit den schwierigen Namen der Figuren nicht unbedingt auseinandersetzen. Mit dem Regisseur Bong Joon-ho und seinen ebenso überraschenden wie spannenden Arbeiten könnte jedoch vieles anders werden.
Nicht zuletzt auch deshalb, weil sein jüngster Film „Parasite“ dieses Jahr die Goldene Palme in Cannes errungen hat. „Parasite“ setzt dabei ein Thema fort, das der Regisseur bereits in seinem letzten Film „Snowpiercer“ breit ausgespielt hat. Es geht ihm dabei um das „Ihr da oben, wir hier unten“, um das Unrecht der Klassengesellschaft. „Snowpiercer“ ist der Name eines riesigen Zuges, in dem die letzten Menschen auf der Erde fein säuberlich nach Status getrennt leben. „Parasite“ aber geht nicht in die Zukunft, sondern beschäftigt sich mit der extrem tristen Gegenwart.
Geld verdienen mit dem Falten von Pizzakartons
Im Zentrum steht die Familie von Ki-taek, seiner Frau Chung-sook und den Teenager-Kindern Ki-woo und seiner Schwester Ki-jung. In der Metropole Seoul hausen sie in einer Kellerwohnung, in der es ab und zu Überflutungen gibt und wo sie von unten Betrunkenen bei der Verrichtung ihrer Notdurft zuschauen können. Ihr einziges Einkommen, das ist das Zusammenfalten von Pizzakartons.
Doch dann ergibt sich für den Sohn plötzlich eine unerwartete Chance: Er soll der Tochter des steinreichen Geschäftsmannes Mr. Park Nachhilfestunden in Englisch geben. Die Mutter ist offenbar mit zwei Kindern völlig überlastet. Alles, was sich nun ereignet, das zeugt vom großen Einfallsreichtum der Armut. Wenn er schon einen Fuß in dem Prachthaus stehen hat, warum sollte dann nicht auch die ganze Familie davon profitieren?
Handlung von „Parasite“ erinnert an die schleichende Übernahme einer Bank
Was nun geschieht, erinnert beinahe an die schleichende Übernahme einer Bank. Ohne die Familie zu nennen, schlägt er der Frau des Hauses seine Schwester als geschulte Pädagogin für den kleinen Sohn vor. Mutter (als Hausdame) und Vater (als Fahrer) folgen. Es könnte alles so schön sein, wären die Hausbesitzer nicht in Urlaub gefahren.
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Wer meint, mit dem Titel des Films sei auch eine der beiden Fraktionen „Arm“ oder „Reich“ gemeint, der irrt. Bong Joon-ho stellt niemand an den Pranger. Im Gegenteil, gerade die Familie Park wird von ihm geradezu sanft behandelt. Ihr Haus, in dem ab einem gewissen Punkt fast alles spielt, scheint es ihm angetan zu haben.
Regisseur Bong Joon-ho setzt auf überraschende Elemente
Sein Kameramann Kyung-pyo Hong hat sich dabei Mühe gegeben, dem Designerhaus in Breitformat einen ganz besonderen Look zu geben. Wer die Filme dieses Regisseurs kennt, der weiß, dass seine Filme große Überraschungen bereithalten können. Dieser Film macht da gewiss keine Ausnahme.
Was den Filmemacher diesmal sogar dazu bewogen hat, die Rezensenten seines Films zu bitten, nach einem bestimmten Ereignis nichts mehr zu verraten. Er möchte nicht, dass sein Film ein Ende nimmt, wie einst der Thriller „The Sixth Sense“, bei dem Besucher aus dem Kino kamen, die laut „Bruce Willis ist ein Geist“ herausposaunten. Warten Sie also lieber auf das Ende – im Kino.