Düsseldorf. Am Sonntag wählt Polen ein neues Parlament. Die frisch gekürte Literaturnobelpreisträgerin Olga Tokarczuk gab in Düsseldorf klare Empfehlungen ab.
Die ersten 24 Stunden nach der frohen Botschaft verbrachte die soeben gekürte Literaturnobelpreisträgerin Olga Tokarczuk: im Stau. Vor und hinter Bielefeld, vor Düsseldorf stand die 57-Jährige mit ihrem Verleger Daniel Kampa in Blechlawinen, denn eisern zieht sie ihre Lese-Tour durch kleinere und größere Säle Deutschlands durch: „Was ich jetzt mache? Ich mache meinen Job.“ Und wenn Polens Presse das Bedürfnis hat, „ihre“ Nobelpreisträgerin zu sprechen – dann soll sie doch kommen!
Tokarczuk: „Für eine Gesellschaft, in der jedes Mitglied seinen Platz finden kann“
Also harrten am Freitagmittag im Düsseldorfer Heine-Haus acht Fernsehteams und über 20 polnische Journalisten aus, bis Olga Tokarczuk die deutschen Autobahnen gemeistert hat. Um sich Antworten abzuholen, die ebenso starrsinnig, beharrlich scheinen wie die Lesereise durch die deutsche Provinz: Die Parlamentswahl am Sonntag in Polen sei „die wichtigste seit 1989“, weil es nun um die Frage ginge, „ob wir uns weiter von der europäischen Gemeinschaft entfremden“. Als Bürgerin ihres Landes empfehle sie dringend, „für die Demokratie zu stimmen“, konkret: „Für eine Gesellschaft, in der jedes Mitglied seinen Platz finden kann, unabhängig etwa von Religion oder sexueller Orientierung.“
Unverblümt kritisiert Tokarczuk die Pläne der regierenden PiS-Partei unter Jaroslaw Kaczynski, „das Verfassungsgericht zu politisieren, die Medien zu kontrollieren, zu bestimmen, was über polnische Geschichte erzählt werden darf und was nicht“. Vor kurzem hatte Kaczynski noch kundgetan, die Romane von Tokarczuk gerne zu lesen – der Versuch einer Umarmung, die misslang.
Lesung: So, 13.10., 17 h, Alte Synagoge Essen