Heiko Sakurais spitze Feder bracht es ins „Haus der Geschichte“. Wir sprachen mit ihm über Kanzler, aber auch über die Lage seiner Branche.

Als Sie das professionelle Karikieren begannen, war Helmut Kohl Kanzler. Welchen deutschen Regierungschef davor hätten Sie am liebsten begleitet – und warum?

Sakurai: Leider habe ich nur die letzten Monate der Kanzlerschaft Kohls beruflich mitbekommen, ich hätte ihn gern länger gezeichnet. Rein physiognomisch (aber auch wegen seiner Persönlichkeit) hätte ich auch Konrad Adenauer gern zeichnerisch begleitet. Aber man muss eben mit den KanzlerInnen leben, die man vorgesetzt bekommt, und ich kann mich über Schröder und Merkel nicht beklagen.

Die Morde in der Redaktion von Charlie Hebdo haben einen brutalen Schatten auf Ihre Branche geworfen. Ist etwas anders seitdem?

Für mein Empfinden hat sich nicht wirklich etwas geändert, vielleicht sind wir noch nachdenklicher geworden. Im Grunde war der Mordanschlag nur der Höhepunkt einer Entwicklung, die schon vorher eingesetzt hatte: Mit dem 11. September 2001 (also der Konfrontation mit islamistischem Terror) und später mit den Konflikten um die dänischen Mohammed-Karikaturen. Seit dem ist alles komplizierter geworden. Leider gibt es inzwischen auch traurige Entwicklungen, was den Umgang mit Meinungsfreiheit angeht: 2015 hieß es nach den Morden weltweit noch „Je suis Charlie“, der Wert und die Bedeutung von freier Satire wurde gerühmt, und vor ein paar Monaten hat die New York Times die politische Karikatur aus ihrem Zeitungsprogramm geschmissen. Das ist für mich das falsche Signal und mehr als bedauerlich.

Sie sind mit Ihrem Buch „Miss Tschörmanie“ der einzige zeichnende Biograf Angela Merkels. Ihr Hauptmotiv verlässt 2021 die politische Bühne. Was werden Sie am meisten an Merkel vermissen?

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Ihre ruhige, uneitle Art. Aber auch ihr gezeichnetes Porträt, an das ich mich in all den Jahren so gewöhnt habe und das sich auch weiterentwickelt hat. Am Ende gewinnt man den Kanzler/die Kanzlerin, an denen man sich jahrelang abarbeitet, auch ein bisschen lieb. Vielleicht ist es eine spezielle Ausprägung des Stockholm-Syndroms.