Das Quintett wagt sich auf seinem viertem Album „Ciao!“ an ungewöhnliche Songstrukturen. Fans werden nach etwas Eingewöhnungszeit Freude haben
„So bleibt man berühmt“, sagt Marco Wanda mit einem Schmunzeln im Gesicht. Er meint damit den Sturm im Wasserglas, den die österreichische Boulevardpresse startete, als zu Beginn des Sommers bekannt wurde, dass das vierte Album seiner Band „Ciao!“ heißen wird. Sollte das seit dem Debüt im Jahr 2014 zum österreichischen Kulturgut gewordene Lederjacken-Quintett etwa genug haben von Ruhm und Rock‘n’Roll? Ein letztes Album und Schluss? Natürlich nicht.
Dennoch: Die Fans kriegen von Wanda diesmal nicht nur das, was sie gewohnt sind und wofür sie die Strizzi-Rocker lieben. Die großen Hymnen, zu denen verschwitzte Männer auf und vor der Bühne einander in den Armen liegen, selig die Bierbecher in die Höhe reißen und „Amore“ rufen, sind mit dem Album-Opener „Ciao Baby“ eigentlich abgehandelt. Große Schunkler, in denen die weinselige Gemütlichkeit sich mit der morbiden Wiener Seele paart, bleiben danach aus. Ganz nüchtern geht es aber natürlich auch auf den restlichen 13 Nummern nicht zu.
Neue Songstrukturen
Die Band und ihr Produzent Paul Gallister wagen sich an Lieder, die zwar immer noch nach Wanda klingen, aber bei weitem weniger gefällig sind als das meiste, was man bisher kannte. Die Melodien zum Mitsingen weichen zunehmend ungewöhnlichen Songstrukturen, Parolen wie „1,2,3,4, es ist so schön bei dir“ spart man sich und lässt die Stimme Marco Wandas oft lieber dünn und leise dahinlamentieren. Das große Ganze gerät in den Hintergrund, das Ohr bleibt eher an Details hängen: hier kräht ein schräger Streicher, dort groovt ein unerwarteter Bass, das Keyboard klingt sowieso längst dreimal so funky wie noch beim Debüt-Hit „Bologna“.
In der Mitte des Albums gönnt man sich dann den großen Exzess. Die Vier-Minuten-Nummer „Swing Shit Slide Show“ ist der zu Musik gewordene Besuch in einer skurrilen Freakshow. Es zerrt, flirrt und scheppert. Die besungenen Menschen zeigen ihre abstrusen Kunststücke, schlagen sich Nägel in den Kopf und proben den Weltuntergang. Fast scheint es, als seien alle anderen Lieder um dieses eine herum angeordnet.
Der ständige Begleiter bleibt trotzdem das Leiden. Marco Wanda, der einst Sprachkunst studierte, textet in Fragmenten und wiederholt sich gerne. Vieles „tut weh“, oft besingt er sein „Baby“, sogar der „Herz/Schmerz“-Reim ist ihm recht und billig, wenn’s die Wiener Seele denn so empfindet.
Banal aber überzeugend
Als Hörer geht man nicht sofort überall mit. Manche Songs wirken sperrig, andere banal. Aber irgendwann kriegen sie einen dann doch. Das ist die Magie dieser Band. Berühmt bleiben Wanda bestimmt auch nach „Ciao!“.
Wanda >> Ciao
Vertigo Berlin (Universal Music)
Wertung: 4 von 5 Sterne