Gelsenkirchen. Das Musiktheater im Revier hat ab der nächsten Saison eine Puppenspielsparte. Sie wird eröffnet mit einem „Frankenstein“ samt Puppenmonster.
Dass sie irgendwas mit Bühnen machen wollte, war Evi Arnsbjerg Brygmann schon immer klar, was
angesichts einer Schauspielerin als Mutter wenig verwunderlich anmuten mag. Aber dann, im Jahr 2011, sah sie zum ersten Mal daheim in Kopenhagen ein Puppenspiel. Und noch heute, in der Erinnerung an diesen Moment, gehen ihre Augen in ein unbändiges Strahlen über: „Whow, ich fand das unglaublich toll! Ich habe sofort gefragt: Kann man das lernen? Kann man das studieren?“ Man kann, aber es hat dann doch noch einige Umwege gekostet, bis Evi Brygmann schließlich an der Schauspielschule Ernst Busch in Berlin gelandet ist, an einem von zwei Puppenspiel-Studiengängen in Deutschland (neben der Musik- und Bühnenhochschule Stuttgart).
Doch jetzt verlegt sie ihren Wirkungskreis von Berlin nach Gelsenkirchen. Das dortige Musiktheater im Revier (MiR) ist die erste deutsche Oper, die eine Puppenspiel-Sparte bekommt. Die nächste Saison wird eröffnet mit Jan Dvořáks „Frankenstein“-Oper – das MiR ist das zweite Haus weltweit, das sie auf die Bühne bringt, mit einer Puppe in der Monster-Rolle.
„Jemand anderes sein dürfen, von sich selber loskommen“
Und Evi Brygmann ist eine von vier Puppenspielerinnen, die sie bewegen werden. Alle vier sind im letzten Jahr ihres Puppenspielkunst-Studiums; ihre Residenz in Gelsenkirchen wird ihnen mit einem eigenen Stück und einer 40-seitigen Abschlussarbeit das Diplom ermöglichen. Gloria Iberl-Thieme, die bereits ausgebildete Schauspielerin und Puppenspielerin ist, begleitet sie dabei. Sie genießt es, „als Puppe jemand anderes sein zu dürfen, von sich selber loszukommen“. Mit Puppen entstehe stets ein gewisser Zauber, weil das Publikum „zur Illusion bereit sein muss, wir sind ja oft mit auf der Bühne“.
Spielen ohne Grenzen - auch bei Thomas Vinterbergs „Fest“
Es gibt auch so viele Varianten: Marionetten, Handpuppen, Klappmaul- und Vierfüßer-Puppen. Für Evi Brygmann ist es immer noch ein Abenteuer, eine neue Puppe in die Hand zu nehmen: „Was kann sie? Was kann sie nicht? Und wie kann man das sogar noch nutzen?“ Aber hat sie nicht schon mal gehadert damit, dass Puppen immer dieselbe Miene zum Spiel machen? „Machen sie ja gar nicht!“, protestiert Evi Brygmann, je nach Lichteinfall, je nach Haltung wirkten die Puppen ja anders. Sie erinnert sich an eine Puppen-Fassung von Thomas Vinterbergs Film „Das Fest“, bei der die Zuschauer im festen Glauben waren, die Mimik der Puppen hätte sich dauernd verändert: „Habt Ihr da einen Knopf, den Ihr drücken könnt?“, wurden sie nach der Premiere gefragt. „Puppen“, findet die Studentin, „wirken manchmal lebendiger als Menschen. Schauspieler-Rollen sind oft über-spielt.“ Mit Puppen hingegen könne man „alles machen“, da gebe es keine Grenzen, „die setzt nur die Phantasie!“