Auf dem neuem Album des Mannheimers findet man den Soul nur noch in seiner Stimme. Immerhin: Naidoo bleibt in seinen Songs unpolitisch
Ein großer Aufreger wird es diesmal nicht. Nachdem der Mannheimer Soul-Prediger Xavier Naidoo sonst so geübt darin ist, von einer ideologisch wirren Aussage zur nächsten zu taumeln, verzichtet er auf seinem achten Studioalbum weitgehend darauf, weitere Angriffsflächen zu bieten. Das ist fast verwunderlich, aber wahrscheinlich besser so.
Unauffällig in jeder Hinsicht ist „Hin und Weg“, sind die 14 neuen Lieder, die Naidoo dafür aufgenommen hat. Es handelt sich größtenteils um Liebeslieder, gerichtet an Frauen, an die eigene Mutter, einmal auch an Gott. Bis auf zwei Ausnahmen, in denen das Tempo kurz Fahrt aufnimmt und zum fluffig-tanzbaren R&B gerät („Gute Zeiten“, „Ich danke allen Menschen“), trotten die Songs einigermaßen schleppend dahin, gehen teilweise fast unbemerkt ineinander über, weil sie sich in Struktur und Duktus so ähneln.
Über die Silbenzahlen gestolpert
Auf wenig komplexen Beats mäandert Xavier Naidoos unverkennbare Stimme und müht sich an Texten und Metrik ab, die oft nicht rund wirken. Manchmal presst er zu viele Worte in einen einzigen Takt und erinnert an einen Poetry-Slammer. An anderer Stelle werden dafür die Laute in die Länge gedehnt, um noch irgendwie auf die vorgegebene Melodie zu passen. Da zeigt einer, welchen Soul er in der Stimme hat, aber mit der falschen Motivation.
Hinzu kommen behäbige Reime und Wortspiele, die kreativ und locker sein sollen, aber an vielen Stellen krampfhaft wirken. Wenn ein 47-jähriger Xavier Naidoo davon singt, dass „alles so gechillt“ sei, kann man das mit viel Toleranz für Berufsjugendlichkeit gerade noch durchgehen lassen. Wenn er an anderer Stelle die Worte „Steuerberater“ auf „Teuerberater“ und schließlich auf „Manuel Neuer Berater“ reimt, ist das einfach peinlich.
Dass er dennoch bei der Generation U20 ankommen könnte, liegt auch an den Gast-Rappern (Klotz, Motrip, Chefket, Kontra K), die Naidoo verpflichtet hat. Vor allem an Szene-Superstar Kontra K, mit dem er den letzten Song des Albums („Welt“) bestreitet. Noch vor einigen Jahren hätte das Image eines Rappers vom Gastauftritt Xavier Naidoos auf einem seiner Lieder wohl stark profitiert. Heute ist es andersrum. Die Street Credibility als Pate der deutschsprachigen Soulmusik hat er längst verspielt.
Was bleibt, ist eine gewisse Trotzhaltung. Sie schwingt auch ohne das Zünden ideologischer Bomben bei Naidoo immer mit. Er kann es nicht lassen, von den Schlachten und Kämpfen zu singen, die es zu überwinden galt und gilt. Selbst die sanfte Gitarrenballade „Diese Eine“ verzichtet nicht darauf, zu betonen, dass die besungene Frau es versteht, sich gegen „feuerspeiende Drachen“ zur Wehr zu setzen. Er selbst ist in diesem fatalistischen Weltbild ganz klar der „einsame Held“, der „keinen Tropfen feiges Blut“ in sich hat und der am Ende siegen wird. Wenn er bis dahin nicht in der künstlerischen Bedeutungslosigkeit verschwunden ist.
Xavier Naidoo >> Hin und Weg
Naidoo Records GmbH (Sony)
Wertung: 2 von 5 Sternen