Essen. Literarischen Debütanten bietet eine Lesereihe im Essener Café Livres eine Bühne: Bozena Anna Badura und Sarah Jäger veranstalten „Das Debüt“.
„Wir können bieten: eine Schlafcouch in Altenessen, eine leckere Quiche, eine Lesung im schönsten Café im Südviertel...“ – so stand es in den ersten Einladungen, denen seit 2014 erstaunlich viele begeistert folgten. Sarah Jäger und Bozena Anna Badura sitzen in eben jener Ecke des Café Livres, in der sie schon zahlreiche Autorinnen und Autoren mit ihren Erstlingswerken präsentiert haben, vor ihnen liegt eine Kladde: Auf jeder Doppelseite klebt links ein Flyer, rechts haben die Debütierenden ihren Dank notiert für ein Format, das „eine einzige Liebeserklärung ist“ (Martin Kordic), das „mit Herzblut“ entstand (Mercedes Lauenstein). Und das, das steht dort nicht geschrieben, „wahnsinnig naiv“ (Sarah Jäger) begann: „Wir hatten einfach Bock, das zu machen“ – drei Frauen, die sich im Lesekreis von Bozena Badura kennenlernten und gemeinsam ein Literaturblog gründeten: „Das Debüt“.
Die Frauen lernten sich im Lesekreis kennen
Drei Frauen, die die Leidenschaft für Literatur zusammenbrachte: Badura, die in Polen aufwuchs und studierte, kam 2006 zur Promotion nach Mannheim und der Liebe wegen nach Essen; heute ist die Germanistin Dozentin an der Uni und an der VHS. Jäger war im ersten Leben freie Theaterpädagogin und entschied sich nach zehn Jahren, Buchhändlerin zu werden, seit der Ausbildung arbeitet sie in der Buchhandlung Proust. Und Janine Hasse, die Dritte im Bunde und eigentlich Initiatorin des Blogs, hat in Essen studiert und wollte gerne Werken eine virtuelle Bühne bieten, deren Autoren noch unbeschriebene Blätter sind; heute koordiniert sie nach der Familiengründung fern des Ruhrgebiets die Rezensionen auf dem Blog, während Jäger und Badura die Lese-Reihe bestreiten.
Zu den ersten Gästen zählten Julia Trompeter und Martin Kordic
Das Café Livres war damals fast so neu wie die Bloggerinnen, und ebenso offen für Neues: Lauschen, trinken, literarisch plaudern – das schien ein gutes Konzept. Tatsächlich kommen 30, 40 Gäste zu den Veranstaltungen (und als die Essenerin Karosh Taha las, noch deutlich mehr). Die ersten Autorinnen und Autoren suchten die Veranstalterinnen sich noch in der Region, etwa Julia Trompeter oder Martin Kordic, die damals beide in Köln lebten. Erster Berliner Gast war Martin Lechner, erinnert sich Sarah Jäger: „Der hat einfach gesagt, klar, ich komme. Total nett! Und dann haben wir Spenden gesammelt.“Nach dem Essener Kulturbüro hat sich inzwischen die Literarische Gesellschaft Ruhr als Sponsor gefunden, so dass den Autoren ein kleines Honorar gezahlt werden kann. Und der Lohn der Ehrenamtlichen? „Wir verbringen Zeit mit den Autorinnen und Autoren, lernen sie kennen“, sagt Bozena Badura so begeistert, als handele es sich nicht um Novizen, sondern Literaturnobelpreisträger.
Kann man die Schreibschule an den Texten erkennen?
Literarischen Debüts wird oft nachgesagt, dass man ihre Kinderstube, ihre Schreibschule erkennen kann – stimmt das? „Die Autoren, die vom Literaturinstitut in Leipzig kommen, sind oft sehr politisch und reflektiert, ihre Texte sind sehr ausgearbeitet“, so Badura. „In Hildesheim dagegen geht es eher um die Weltbeobachtung.“ Und diejenigen, die Literatur nicht studiert haben, kommen oft aus der journalistischen Ecke oder sind bereits virtuell sehr gut vernetzt, hat Sarah Jäger beobachtet: „Die Verlage stehen unter Druck, deshalb bevorzugen sie Autoren, die bereits eine Community haben. Das ist verständlich, aber trotzdem wäre es schön, wenn jemand eine Chance bekommt, der diese Vernetzung nicht hat.“
Eine virtuelle Plattform für Neu-Schriftsteller bietet der Debüt-Preis, den der Debüt-Blog der drei Frauen seit 2016 auslobt. „Wir wollten einfach auch mal einen Preis vergeben“, sagt Sarah Jäger – also verfolgten sie das gleiche ausgeklügelte Prinzip wie bei der Gründung des Blogs: einfach machen! „Wir vom Debüt-Blog sichten nun die Neuerscheinung und erstellen eine Shortlist aus fünf Titeln. Darüber dürfen alle Literaturblogger, die sich bei uns bewerben, abstimmen.“ Den ersten Preis gewann Shida Bazyar für „Nachts ist es leise in Teheran“ – ein Buch, das danach noch mehrfach ausgezeichnet wurde. Der Preis ist übrigens an eine Lesung im Livres gebunden, die selbstredend honoriert wird – „und wir zahlen sogar die Reisekosten und ein Hotel!“
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