Dortmund/Bochum. Seit Kindesbeinen Brüder am Klavier und jetzt an der Ruhr: Lucas und Arthur Jussen gastieren in Dortmund und Bochum.
Mal eben so 2000 Konzertkarten im Reich pianistischer Klassik zu verkaufen, gelingt selbst besten Gästen an der Ruhr nicht immer selbstverständlich. Aber nun kommen die Jussens, zwei Abende hintereinander, erst stürmen sie Dortmunds Riesensaal des Konzerthauses, tags darauf langen sie zum 100. Geburtstag der Bochumer Symphoniker beim Klavierfestival in die Tasten – und die Massen strömen.
Wie kommt das? Legen wir die Vorurteile beiseite, zu denen ein Klassikmarkt durchaus verführen kann, in dem heute hübsch, smart und modebewusst sein sollte, wer eine Chance haben will, wischen wir also all das weg, haben wir es bei Lucas und Arthur Jussen immer noch mit zwei überragend guten Musikern am Klavier zu tun. Man könnte auch einen erfahrenen Dirigenten zitieren, der die Zusammenarbeit mit dem Duo in die schöne Sentenz goss: „Es ist, als würde man zwei BMW gleichzeitig fahren.“
Lucas und Arthur Jussen sind Kinder einer Hilversumer Musikerfamilie
Die Stärke der Jussens (trotz Solistentätigkeit) ist unbestritten ihr Spiel zu zweit. So stehen die Kinder einer Hilversumer Musikerfamilie in der Tradition jener Geschwister, deren gemeinsames Musizieren gleich nach der Schaukelpferdphase zu einem innigen Verständnis, einem seismographisch feinen Korrespondieren, zur berühmten traumwandlerischen Sicherheit führt, für die Musiker, die sich erst als Erwachsene begegnen, sehr lange arbeiten müssen.
Auf die legendären Brüder Kontarsky, auf die türkischen Zwillinge Pekinel und die französischen Schwestern Labeque (alle vier Damen inzwischen übrigens mit Rentenansprüchen) folgt also nun eine Generation, die am Flügel vom vierhändigen Schwelgen bis zur mikroskopisch präzisen Nahaufnahme alles drauf hat, in der persönlichen Begegnung aber einfach wie zwei clevere, nette Jungs von nebenan rüberkommt.
Den Begriff Wunderkinder finden die Jussens eher blöd
Fußball etwa ist für die beiden ein Thema nach Maß. Kann schon sein, dass Lucas und Arthur aus dem Stand eine Mannschaft (4-3-3!) allein aus Komponisten aufstellen, Beethoven, Mozart und Liszt spielen bei ihnen natürlich im Sturm.
Womit wir bei Oranje wären: deren Mannschaft trug ja auch irgendwie schöne Mitschuld an dem, was sie heute sind. Lucas Jussen ist fünf, als im Fernsehen die WM in Frankreich übertragen wird. Da hört er die Hymne seines Landes, und ist begeistert. Mutter Jussen spielt sie ihm am Klavier vor und vom Flügel ist der 1993 geborene fortan kaum noch fortzubringen. Artur kommt 1996 zur Welt, den Begriff Wunderkinder finden sie allerdings beide eher blöd. Sie erzählen gern, wie normal ihre Kindheit war, auch wenn sie mit zwölf und neun – wer kann das schon von sich sagen? – im Amsterdamer Concertgebouw zum 25-jährigen Thronjubiläum vor Königin Beatrix spielten. Die zwei Jussens mögen Leute, die „normal bleiben“, auch im Erfolg.
Nur noch Restkarten zu haben
Bei großen Pianisten wie Maria João Pires holten sie sich den letzten Schliff, verblüfften den greisen Neville Marriner („so erfrischend, persönlich wie musikalisch“) und machen nach einer heftigen China-Tournee nun mal eben Halt an der Ruhr. Sie haben noch keine Karte? Ein Händchen voll gibt es noch.
Konzerthaus Dortmund (25.Juni 19h). Klavierabend mit Werken von Bach, Mozart, Schubert, Strawinsky. Restplätze (23€):
0231-22 696 200.
Im Musikforum mit den Bochumer Symphonikern (Haydn, Mozart, Bloch Poulenc) unter der Leitung von Steven Sloane am 26. Juni, 20h. Restkarten (26-66€):
0221-280 220.