Krefeld. Mit „Von Albers bis Zukunft“ zeigt das Kaiser-Wilhelm-Museum Werke von Bauhaus-Meister, Bauhaus-Schülern, Bauhaus-Vorläufern und Bauhaus-Erben.
„Bauhaus 100“-Schilder auf der Autobahn und auf den Zufahrten zum Kaiser-Wilhelm-Museum und zu den Bauhaus-Ikonen Haus Lange und Haus Esters. Und das Gewerbegebiet rund um die einzigen Industriebauten, die der berühmteste Bauhaus-Architekt entwarf, hat man auch gleich Mies-van-der-Rohe-Businesspark getauft. – Es fehlt nicht mehr viel, und Krefeld erweckt den Eindruck, das Bauhaus sei gar nicht in Weimar, sondern am Rhein erfunden worden.
Und auch der Titel der aktuellen Ausstellung „Von Albers bis Zukunft. Auf den Spuren des Bauhauses“ erweckt mit seinem lexikalischen Vollständigkeits-Aroma den etwas unzutreffenden Eindruck, hier gebe es einen umfassenden, ja vollständigen Grundkurs in Sachen Bauhaus. Aber das mit den Spuren ist ernst gemeint: Es geht darum, wie weit und in welcher Weise das Bauhaus Einzug gehalten hat in die große Sammlung des Museums:
Die Ausstellung ist hausgemacht. Max Creutz hatte als Nachfolger des legendären Gründungsdirektors Friedrich Deneken seine Hand am Kunst-Puls der Zeit und suchte die „innere Gesetzmäßigkeit in Form- und Farbklängen“ (dabei scheiterte seine schon für 1923 in Krefeld geplante Bauhaus-Ausstellung). Und so finden sich Schätze von großen und kleineren Bauhaus-Meistern im Depot des Hauses. Etwa die erste Publikation der Weimarer Künstlerschmiede, eine Mappe mit zwölf Holzschnitten von Lyonel Feininger. Oder Wassily Kandinskys Farblithografien „Kleine Welten IV“ von 1922; von Oskar Schlemmer sind sechs Lithografien mit typischen Figurenkompositionen zu sehen.
László Moholy-Nagy und Gerhard Marcks, Johannes Itten und Peter Behrens
Und wie zum Empfang steht die nackte „Schwimmerin II“ von Gerhard Marcks mit verschränkten Beinen da, die Hände an der Badekappe – die Bronzeskulptur aus dem Jahr 1938 zeugt allerdings eher davon, dass der „Entartete“ Marcks hier seine von den Nazis verachtete Modernität deutlich zurücknahm. Dafür bietet der abstrakte Film „Lichtspiele Schwarz-Weiss-Grau“ des Bauhauslehrers László Moholy-Nagy ein bis heute aufregendes Bildabenteuer von 5:30 Minuten Länge. Gemälde des Bauhaus -Schülers Fritz Winter verlängern das Bild von der klassischen Moderne bis zum Informel der Nachkriegszeit.
Der in Weimar wegen seiner etwas esoterischen Anschauungen 1923 geschasste Maler Johannes Itten wurde 1931 der erste Leiter der neu gegründeten Krefelder Flächenkunstschule. Sein Arbeits-Tagebuch mit ausführlichen Übungsaufgaben für Malerei-Studenten blättert eine Bildprojektion an der Wand auf – verblüffend im Detailreichtum.
Eine Station mit Bauhaus-Vorläufern wie dem AEG-Designer und Architekten Peter Behrens hätte gerade in Krefeld durchaus umfangreicher ausfallen können, hatte man hier doch 1923 die Design- und Kunstgewerbe-Sammlung von Karl Ernst Osthaus angekauft, dessen Gemälde und Skulpturen zugleich den Grundstock der Essener Folkwang-Sammlung bildeten. Der Werkbund war das Fundament des Bauhauses, wie sich auch am Ende des Ausstellungsparcours zeigen wird, wo Fotos vom Brüsseler Palais Stoclet (1905/11), das Josef Hoffmann entwarf, die Verwandtschaft schlagend dokumentieren. Apropos: Gemälde von Piet Mondrian (die nicht fotografiert werden dürfen) und Theo van Doesburg gehören zu den Leuchttürmen der Ausstellung.
Barcelona-Sessel und Maschinenbild, Tinguely und Yves Klein
Mies van der Rohes Barcelona-Sessel und -Tisch, die eigentlich zur Ausstattung von Haus Lange und Haus Esters gehören, stehen für das Design des Bauhauses. Und hier ist dann auch der Anknüpfungspunkt für Werke von Stipendiaten, die in den Krefelder Bauhaus-Villen oder für sie gearbeitet haben. Das reicht von Jean Tinguelys Plan-Zeichnung für ein „Maschinenbild“ über Yves Kleins Entwurf für einen Opernplatz in Gelsenkirchen bis zu Jasmina Cibic’ 16-Minuten-Video „Nada: Act III“), das in einer der Villen und ihrem Garten mit aktzeichnenden Studierenden gedreht wurde. Da ist das Bauhaus dann endgültig in der Gegenwart angekommen.