Essen. Der Ruhm der Khatia Buniatishvili war kein Strohfeuer, Auch ihr zwölfter Abend beim Klavierfestival ließ die volle Essener Philharmonie jubeln
Spontaneität ist eines ihrer Markenzeichen, verbunden mit emotionalem Zugriff und einer gehörigen Portion Wagemut: Khatia Buniatishvili wühlt sich in die Tastatur, umhüllt sich mit berauschendem Klang, kaum dass sie am Flügel Platz genommen hat.
Die georgische Pianistin pflegt eine Virtuosität, die nicht immer ausgefeilt präzise ist, aber in der dramatischen Wucht allzeit überwältigt. In Brahms’ 3. Klaviersonate wird das überaus deutlich. Sie hat das Werk an den Beginn ihres 12. Auftritts beim Klavier-Festival Ruhr gesetzt und lässt keinen Zweifel an der Modernität dieser Musik. Wild herausfahrend, schroff und urwüchsig, mitunter etwas roh, klingen die Anfangsakkorde, der punktierte Rhythmus. Und wenn die Musik zur Ruhe kommt, hören wir Brahms, den großen Grübler. Der Romantiker wiederum kommt im langsamen Satz zu Wort, ein Stück Poesie, von Buniatishvili wie ein Gebet zelebriert.
Prallvolle Essener Philharmonie feiert den Auftritt Khatia Buniatishvilis beim Klavierfestival
Die Dynamik führt sie in leiseste Sphären, denen sich das Publikum in der prallvollen Essener Philharmonie beseelt hingibt. Von Brahms führt der Weg zu Liszt. Forsche Virtuosität setzt die Pianistin neben exquisite Klangfarben. Doch bei aller Hexenmeisterei beeindruckt sie mehr noch mit dem rauschenden Figurenwerk, das Liszt dem Schubertlied „Gretchen am Spinnrad“ wie eine verspielte Maskerade beigemischt hat. Oder wie sie im „Ständchen“ die schlichte Melodie behutsam mit Ornamentik anreichert.Der Mephisto-Walzer, weitgehend als pure Raserei, auf Kosten organischer Brüche interpretiert, wie auch die 2. Ungarische Rhapsodie, beides Stücke voller Trillerketten, Akkordsprünge und irrwitziger Rhythmik, leben bereits vom Zugabeneffekt, der das Publikum von den Sitzen reißt.
Zum Standardrepertoire dürfte sich bei Khatia Buniatishvili mehr Abwechslung gesellen
Schade nur, dass Buniatishvili mit den Liszt-Piècen ihr schon oft gehörtes Standardrepertoire abspult. Zu Brahms hätte sich ruhig etwas Schumann hinzugesellen dürfen.