Köln. Polit-Comedian Florian Schroeder und der ehemalige NRW-Ministerpräsident Peer Steinbrück treten gemeinsam auf – ein etwas abgehobenes Interview.

Eigentlich sollte das Interview zu dritt in einer Kölner Hotel-Lounge stattfinden, aber dann traf Jens Dirksen den ehemaligen SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück allein an – und Florian Schroeder, mit der er nun wieder politisches Stand-up-Kabarett macht, saß noch im verspäteten Flugzeug in Berlin. Er sprach per Bildschirmtelefonat aus dem Handy, das vor Steinbrück und Dirksen in Köln auf dem Tisch lag...

Steinbrück:Was machen Sie denn noch in Berlin?

Schroeder:Ich kann doch nix dafür, rufen Sie Eurowings an! Ich…

Steinbrück:Gehen Sie gleich ins Cockpit und fliegen die Maschine selbst?

Schroeder: Na klar, flieg ich die! Aber gerade ist Axel Milberg an mir vorbeigegangen und ich habe ihn nicht erkannt, dabei bin ich eigentlich ein großer Fan von ihm. Er hatte genau so eine Mütze auf wie Sie, Peer, wenn Sie nicht erkannt werden wollen. Aber dann werden Sie ja immer für Martin Schulz gehalten und nehmen sie gleich wieder ab.

Steinbrück: Jetzt lassen Sie den Dirksen von der WAZ doch mal anfangen!

Danke! Herr Steinbrück, warum machen Sie das, dass Sie mit Florian Schroeder noch einmal auf die Bühne gehen – haben Sie doch noch eine Lücke in Ihrer Altersversorgung entdeckt oder wollen Sie einem jungen, aufstrebenden Kleinkünstler zu einer großen Bühne verhelfen?

Steinbrück:Ich bin offenbar ein Sadomasochist, dass ich das mit dem Kerl mache. Aber es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder ich mache ihn zum Politiker und zum nächsten Spitzenkandidaten einer ganz neuen Partei, weil sich ja inzwischen viele Komiker wie er in der Politik tummeln.

Oder?

Steinbrück:Oder aber er unterstützt mich, noch nicht 2021, aber sagen wir 2025 oder 2029 noch einmal anzutreten.

Schroeder:Genau! Letztlich ist es so, dass wir uns gegenseitig helfen, ich möchte Spitzenkandidat meiner eigenen Bewegung werden, ich möchte sie, Macron folgend, „Republik am Arsch“ nennen und dann geht’s los! Und Herr Steinbrück hilft mir dabei mit seiner Expertise. Ich hab mir gesagt: Wenn 107 Lungenärzte nicht rechnen können und es trotzdem auf die erste Seite der Zeitungen schaffen, dann kann ich auch Finanzminister werden, obwohl – nein, weil ich genauso schlecht rechnen kann wie die.

Also, Sie haben Herrn Steinbrück nicht etwa angeworben, weil Ihnen alleine nicht mehr genug Gags und Pointen für einen ganzen Abend einfallen?

Florian Schröder  (li.), Peer Steinbrück.
Florian Schröder (li.), Peer Steinbrück. © dpa Picture-Alliance / Horst Galuschka

Schroeder:Um Gottes willen, nein, ich mache drei Stunden, wenn ich allein unterwegs bin. Ich bin auch alleine glücklich, aber einsamer. Der Mensch braucht Wärme und Emotion, dafür steht Steinbrück.

Steinbrück:Dem widerspreche ich! Ohne mich wäre dieser Schroeder völlig aufgeschmissen.

Schroeder:Ja, aber da wollten wir doch noch nicht öffentlich drüber reden! Ich bin in der Midlife-Crisis, aber das wollten wir doch der „Bild“-Zeitung exklusiv erzählen!

Aber Herr Schroeder, gerade klang das noch so, als würden Sie Herrn Steinbrück die Pointen schenken – oder ist das etwa umgekehrt?

Schroeder: Wir schenken uns gar nichts!

Steinbrück: Nee!

(allgemeines Gegibbel)

Und wie arbeiten Sie dann?

Steinbrück:In meinem Vertrag haben die alles geschwärzt, was mit Geld zu tun hat. Damit ich nicht wieder auffliege!

Schroeder:Richtig! Die Kohle geht komplett an mich und Steinbrück schreibt die Witze. Ich kann keine mehr schreiben. Das wollte ich in diesem Interview mal zugeben. Steinbrück schreibt einfach alles für mich! Genau genommen ist er schon immer mein Gag-Autor gewesen, alles, was ich jemals erzählt habe, kam von ihm. Ich bin aufgeschmissen ohne ihn. Aber dafür krieg ich dann die ganze Kohle. Das ist der Deal, damit er nicht wieder unangenehme Honorar-Schlagzeilen bekommt.

Steinbrück:Wir müssen allerdings zugeben, dass wir gar nichts aufgeschrieben haben, dass wir auf der Bühne keinem Drehbuch folgen. Das Ganze lebt aus einem Schlagabtausch, ohne in Klamauk zu fallen.

Schroeder:Richtig, und ich gebe weiter die ganzen Antworten, die Sie nicht geben können, und dann steht trotzdem der Name Steinbrück davor und dann haben wir die Schlagzeilen, die wir brauchen!

Steinbrück:Und dann rollt die nächste Empörungswelle wie nach dem Kühnert-Interview über die Niederungen unserer politischen Kulturlandschaft.

„Florian Schröder wählt Peer Steinbrück“ – die Show

In vier Auftritten bieten Florian Schroeder und Peer Steinbrück eine „satirische Lagebesprechung in 90 Minuten“: 6. Juni, Düsseldorf (Schumann-Saal), 13. 6. Hannover (Theater am Aegi), 14. 6. Berlin (Admiralspalast), 15.6. Offenbach (Capitol).

Apropos Kühnert…

Steinbrück:Neiiiiin, jetzt fragt der Dirksen tatsächlich nach Kühnert, darauf gehe ich nicht ein.

Schroeder:Aber ich gehe drauf ein! Ja, Kühnert, super Typ! Steinbrück hat gesagt, ich soll in seinem Namen sagen, Kühnert hätte das Richtige gesagt, nur ein bisschen übertrieben. Und wenn er das noch einmal macht, ist er auf dem Weg zum Kanzlerkandidaten, noch vor mir und Steinbrück. Der demokratische Sozialismus ist das Ziel! Das Problem der SPD ist, dass sie ihr Grundsatzprogramm irgendwo offen hat rumliegen lassen und unterschätzt, dass Kevin Kühnert lesen kann.

Steinbrück:Man merkt, der Schroeder arbeitet auch für „Russia Today“.

Schroeder:Jetzt steigt hier jemand ins Flugzeug ein, der sieht aus wie Olaf Scholz!

Steinbrück:Es gibt bestimmt auch eine Gesichtsmaske von ihm.

Schroeder: Hat er die bei Ihnen ausgeliehen? Ist der Herr Dirksen eigentlich noch da oder reden wir hier nur so?

Steinbrück:Nein, der liegt unter dem Tisch…

Schroeder:Ahhh, haben Sie ihm was zu trinken gegeben?

Steinbrück:Ich trinke einen Pinot Grigio über fünf Euro, womit ich den Journalisten gleich den Wind aus den Segeln nehmen will. Aber ich gebe zu, ohne dieses Glas Wein wäre ich auch etwas gehemmt.

Schroeder: Ja, ich weiß. Nur bei Interviews, da flippen Sie völlig aus. Ich bestell mir jetzt auch gleich einen Wein. Und dann bin ich der Meinung, dass die SPD aus der Großen Koalition rausgehen und zur Ruhe kommen und dann wieder neu durchstarten sollte mit einem Spitzenkandidaten für 2025, der Peer Steinbrück heißt. Ich möchte auch, dass die SPD deshalb nicht mehr regiert, damit ich endlich mal sehen kann, wie Christian Lindner krachend in irgendeiner Koalition scheitert. Ich glaube, Christian Lindner ist der Lafontaine der FDP und spätestens nach einem Jahr ist er weg. Da muss die SPD einfach mal Platz machen, dass man diese Attraktion in der Manege sehen kann, während Robert Habeck Bundeskanzler ist und alles mit ein, zwei lässigen Philosophenzitaten wegatmet. Oh, jetzt müssen wir hier in der Maschine die Gäste zählen!

Steinbrück:So ein Interview mit einem buchstäblich abhebenden Partner habe ich noch nicht gegeben.

Schroeder:Nee, ich auch nicht, aber es ist schön, oder?

Steinbrück:Okay, wir machen eine Satireshow draus!