Dortmund. . Dortmund: Claus-Dieter Clausnitzer gibt in der Philipp Glass’ Oper „Echnaton“ den Chronisten. Gesungen wird Ägyptisch, Akkadisch und Aramäisch.
Am Ende berichtet Claus-Dieter Clausnitzer als Chronist in einem kurzen Epilog, was Reisende heute an der archäologischen Stätte Tel el-Amarna in Mittelägypten erwartet. Aber bevor der Beifall fast 15 Minuten lang nicht enden will, hat der Zuschauer im Dortmunder Opernhaus ein letztes Mal noch eines jener ausdrucksstarken Bilder erlebt, an denen Giuseppe Spotas Einrichtung von Philip Glass‘ Oper „Echnaton“ überreich ist.
Nur Claus-Dieter Clausnitzer spricht Deutsch
Die Bühne (Tatyana van Walsum) ist, wie meist, in mystisches anmutendes Halbdunkel getaucht, wenn das Volk zum stilisierten Sturm auf den Aton-Tempel ansetzt. Im Licht von Strahlern werden dessen Pfeiler zu riesigen Zeitmessern, aus denen der Wüstensand strömt. Die Tage Pharao Echnatons (David DQ Lee) und seiner Gemahlin Nofretete (Aytaj Shikhalizada) sind gezählt.
Eine echte Handlung gibt es nicht. Es geht um die Persönlichkeit Echnatons, der im 14. Jh.v. Chr. mit der radikalen Abkehr von der alten Götterwelt und der Hinwendung zum Sonnengott Aton den ersten Monotheismus der Geschichte einführte; er entmachtete das Establishment und verlegte seine Residenz von Luxor in die neue Stadt Achet-Aton (Amarna). Kleine Texte, gewonnen aus Pyramideninschriften und Keiltexten (übertitelt) auf Ägyptisch, Akkadisch und Aramäisch gesungen (nur Chronist Clausnitzer spricht Deutsch), illustrieren die Visionen, die zu folgenschweren geistesgeschichtlichen und gesellschaftlichen Veränderungen und schließlich zur Gegenrevolution führten.
Mandla Mndebele als General Haremhab
Bravourös bewältigen Dortmund Philharmoniker die hypnotisch-repetitive Musik, die mit ihren unentwegt kreisenden, unmerklich sich verändernden Akkordfolgen höchste Anforderungen an Konzentration und Ausdauer der Musiker stellt. Exzellent auch die Solisten, Mandla Mndebele etwa als General Haremhab, Anna Sohn als Königs-Mutter Teje oder Fritz Steinbacher als Hoher Priester des geschassten Gottes Amun.
Doch die wahren Träger des Abends sind andere. Der großartig disponierte Chor bebildert in wunderbaren Konstellationen nachvollziehbar das, was die Texte nur andeuten. Und das NRW Juniorballett entführt, etwa in einem fantasievollen Tanz der Skarabäen oder, dann nur mit den Händen, der Königskobra, tief ins geheimnisvolle Reich altägyptischer Mythologie. Giuseppe Spota ist in erster Linie Choreograph, entsprechend geführt sind schon Echnaton und Nofretete, die mit ihren langsamen, weitausholenden Gesten an die Bilderwelt Robert Wilsons erinnern und den Eindruck des Liturgischen stärken. Der Rest ist vollends beseelte, sinnliche Choreographie pur.
Termine: 1.6. u. 7.6. (19.30 Uhr); 9.6. (15 Uhr), 22.6. u. 29.6. (19.30 Uhr). Karten Tel. 0231-5027222