Köln. Walter Moers lässt gern die Puppen tanzen, so erfolgreich, dass seine Figuren Käpt'n Blaubär, Hein Blöd und drei kleinen Bärchen Deutschlands Antwort auf die "Muppet-Show" sind. Kein Wunder, dass der WDR dem TV-Hit das Musical "Abenteuer im Pizzawald"gönnt. Ein Blick hinter die Kulissen.

Das WDR-Gelände im Kölner Stadtteil Bocklemünd im Herbst. Grau die Gebäude, grau der Himmel. Es regnet. Doch der Käpt'n sitzt auf dem Trockendock. Sein Studio befindet sich in einer eigenen Halle. Dort turnt der Münchhausen unter den Seebären in zwei Kulissen herum, innen und außen, Kajüte und Deck. Er steht bei dem 30-Minuten-Musical "Abenteuer im Pizzwald" buchstäblich im Rampenlicht.

Bodo Schulte (46) hingegen arbeitet im Halbdunkel. Er ist, kein Scherz, der Kopf von Käpt'n Blaubär. Der 46-jährige Puppenspieler bewegt den Kopf der Puppe. Ein Knochenjob. Meistens muss der Sauerländer aus Menden die Arme hochrecken, damit sich Käpt'n Blaubär in den Kulissen richtig bewegt. Obendrein muss Schulte darauf achten, was seine beiden Mitspieler machen. Axel Bahro (46) bewegt die Hände, und Bertram Schmidt (45) lässt die Wimpern klimpern. Das Trio versteht sich, wie das ganze Film-Team, beinahe wortlos: „Das Ganze”, weiß 1,87-Meter-Mann Schulte, „muss organisch wirken, die Figur beseelt werden.”

Ulk für Kinder, Ironie für Erwachsene

Ums leibliche Wohl der Puppen kümmert sich Carsten Sommer. Der 41-jährige Schlacks baut die Figuren und pflegt sie. „Drei bis fünf Versionen gibt es von jeder Puppe”, erzählt der Lange im Halbdunkel des Blaubär-Studios. „Zweieinhalb Jahre halten die Figuren durch, dann muss ich neue machen”, fügt der Mann hinzu, für den Beruf und Hobby nahtlos ineinander übergehen. Wenn die Latex-Figuren nicht gerade gebraucht werden, dürfen sie abhängen - auf eigens gefertigten Ständern abseits der Kulissen.

Die Kulissen stammen von Anja Dublanka – zumindest die neuen. Für das neue Musical baute die 40-jährige Szenenbildnerin eine Mauer, einen Finsterwald und eine Grusel-Kulisse. „Diese fantastischen Welten”, schwärmt sie, „sind schon was Besonderes.”

Kinder wie Erwachsene lassen sich gern einen Blaubären aufbinden. Das weiß Birgitta Mühlenbeck (52). Die WDR-Produzentin kennt ihre Pappenheimer aus der Fernsehforschung. Sie verfolgt, wie Hollywoods Trickspezialisten von Pixar und DreamWorks, eine Doppelstrategie: Ulk für Kinder, Ironie für Erwachsene.

Zum Seemannsgarn gehört der Nord-Sound

Zudem hält Birgitta Mühlenbeck die Blaubär-Maschine in Bewegung. „Von der ersten Idee bis zum letzten Bild brauchen wir drei Monate”, sagt die Fernsehfachfrau, „manchmal sechs.” Für das Musical spricht sie mit Autor Moers, Komponist Thomas Pigor (53) und Regisseur Thomas Menke (52), bringt Puppen-Szenen und Trick-Einspieler zusammen, überwacht die sogenannte Postproduktion mit Schnitt und Ton.

Ach ja, der Ton. Die Tonspur ist bereits fertig, wenn Schulte und seine Mitspieler Käpt'n Blaubär beseelen. Altmeister Wolfgang Völz (79) und sein kaum jüngerer Kollege Edgar Hoppe (71) besorgen den waschechten Nord-Sound von Blaubär und Blöd, ohne den sich aus Seemannsgarn niemals auch nur ein Taschentuch weben ließe.

Diesmal soll eine Parodie auf das Märchen vom bösen Wolf aus Seemannsgarn eine Erfolgsmasche machen. Der blöde Wolf verwandelt sich in den bösen Wolf: Er verschlingt Pizzen samt Boten, mithin die drei kleinen Bärchen. Wird das Böse siegen? Gemach. Für den bösen Wolf endet das Märchen, natürlich, mit einem blauen Wunder.

„Abenteuer im Pizzawald", Samstag, 26. Dezember, ARD, 7.10 Uhr