Washington.. Der junge George Lucas hat Hollywood gehasst. Doch ausgerechnet mit ihm erreichte die Kino-Gelddruckmaschine eine neue Dimension.
Wenn sein „Museum für die Kunst des Erzählens“, das George Lucas mit einer Milliarde Dollar selbst finanziert, Eröffnung feiert, werden Besucher nach einem Exponat vergeblich Ausschau halten, das Haarbüschel, Bleistiftstummel und Papierfetzen enthalten müsste. Als George Lucas nämlich in den 70er-Jahren monatelang am Schreibtisch hockte und die erste Folge vom „Krieg der Sterne“ ersann, auf liniertem Papier in blau oder grün und mit Bleistiften der Stärke 2, landeten diverse Anläufe zerknüllt im Papierkorb. Zum Beispiel: „Dies ist die Geschichte von Mace Windy, einem verehrten Jedi-Bendu von Ophuchi, uns überliefert von C.J. Thorpe, Padawan-Schüler im berühmten Jedi-Orden.“
Lucas, introvertiert und etwas verschroben, zweifelte streckenweise so stark an seiner Eingebungskraft, dass er sich zur Strafe die Haare mit der Schere abschnitt. Und Harrison „Han Solo“ Ford soll bei den ersten Dreharbeiten 1976 gerufen haben: „George, diese Scheiße kann man vielleicht in die Schreibmaschine tippen – aber sprechen kann man das auf gar keinen Fall!“
Das verstehen im Rückblick alles nicht man kann, würde der weise Yoda dazu sagen. Das intergalaktische Menschheitsdrama über den Kampf zwischen Gut und Böse, das für Millionen Fans quasireligiöse Bedeutung erlangte, machte den Sohn eines kalifornischen Schreibwarenhändlers und Walnussbauern zu einem der wirkungsmächtigsten und vermögendsten Filme-Macher und -Produzenten des 20. Jahrhunderts. Obwohl er nie einen Oscar gewann. Heute wird der filmstudentische Weggefährte von Steven Spielberg und Francis Ford Coppola 75 Jahre alt.
Der Fluch der Merchandising-Lawinen
Mit der Sternen-Saga hat George Lucas seit 2012 offiziell nichts mehr zu tun. Damals verkaufte er sämtliche Rechte für vier Milliarden Dollar an Disney. Ohne ihn wüsste die Welt heute mit einiger Wahrscheinlichkeit nicht, dass für Hollywood Filme nur eine Einnahmequelle von mehreren darstellen. Erst mit „Star Wars“ begann das, was man Merchandising-Wahn nennt. Zweitverwertungs-Lawinen, die vom Spielzeug im Kinderzimmer bis in die Themen-Burger der Fastfood-Ketten alles unter sich verschütten.
George Lucas, der Hollywood hasste, war clever genug, sein Regie-Honorar gegen eine 40-Prozent-Beteiligung am Einspielergebnis und den Merchandising-Rechten einzutauschen. Seither verdiente er an jedem Lichtschwert, jeder R2-D2-Tasse und jedem Wackel-Dackel-Darth Vader so tüchtig mit, dass ihn das Magazin Forbes schon 2001 auf drei Milliarden Dollar Vermögen taxierte. Geld, das Lucas unter anderem in Gemälde von Degas, Renoir und Norman Rockwell steckte; jene Kunst, die neben digitalen Unikaten, Zeichnungen und Comics in seinem an ein riesiges Raumschiff erinnerndes Museum zu sehen sein wird.
George Lucas wurde im kalifornischen Modesto als eines von vier Geschwistern geboren. Er wollte Rennfahrer werden. Ein schwerer Autounfall 1962 kurz vor dem Highschool-Abschluss durchkreuzte die Pläne. Lucas sattelte auf Film um. Seine Abschlussarbeit an der Uni, der abstrakte Science-Fiction-Kurzfilm „THX-1138: 4EB“, gewann Ende der 60er bei einem Studentenfilmfestival und 1968 bei den Kurzfilmtagen Oberhausen den Preis für den besten Experimentalfilm.
Erste Versuche an „Apocalypse Now“
Mit „American Graffiti“ gelang ihm 1973 der Durchbruch auf der Kino-Leinwand. Drei Millionen Dollar Kosten für das archetypische Teenageralltagsgemälde standen Einnahmen von 110 Millionen Dollar gegenüber. Lucas gründete seine Produktionsfirma und bastelte nach ersten Versuchen an „Apocalypse Now“, die später Coppola vollendete, an den Dialogen von „Star Wars“. Als er 1977 davon erfuhr, dass die Zuschauer-Schlangen vor den Kinos in Hollywood seiner Premiere galten, glaubte Lucas zunächst an einen Scherz.
Puristen haben dem Bart- und Baumwollhemdenträger nie verziehen, dass er mit dem Geschäftsmodell der Sequels, das in diesem Winter den neunten Sternenkrieger-Film gebären wird, die Logik der Gelddruckmaschine Kino auf die Spitze trieb. Aber die Macht, sie war nun einmal mit ihm.