Bochum. . In Bochum startete Dienstagabend das weltweit größte Festival seiner Art. Der Allrounder Barenboim sprang für den greisen Menahem Pressler ein.
Die berühmtesten Geschichten so genannter „Einspringer“ in der Klassik gleichen dem Märchen vom Bettelkind zum Prinzen. Oft sind es die nahezu Unbekannten gewesen, denen die Erkrankung eines Großen Weltruhm verschafft hat. Das lässt sich von der 2019er Eröffnung des Klavierfestivals Ruhr wirklich nicht sagen.
Denn Daniel Barenboim, einer der einflussreichsten Allrounder auf dem Globus der Klassik, Opernchef, Stardirigent und immer wieder auch am Flügel präsent, ist nun auch schon 76 Jahre alt. Mit dem greisen Pianisten, den er im Anneliese-Brost-Musikforum Bochum vertrat und vor dem er sich mit einem großen Beethoven-Programm verneigte, verbindet Barenboim eine lange Geschichte.
Daniel Barenboim eröffnet, Menahem Pressler sagte ab
Denn zunächst hatte das Festival – mindestens kühn angesichts seines hohen Alters und der Tatsache, dass er bereits im letzten Jahr auf das Podium begleitet werden musste – auf einen Eröffnungsabend mit den nunmehr 95-jährigen Menahem Pressler gesetzt. Der jedoch war von einem Virus darniedergestreckt und grüßte das Publikum per Ton-Botschaft aus einer Londoner Klinik. Denn anders als geplant konnte er auch nicht im Bochumer Saal anwesend sein, bei dem Eröffnungs-Konzert, das Daniel Barenboim als „eine Hommage“ an den hochbetagten Kollegen erklingen ließ.
Barenboim vertrat den Pressler (95) - mit Beethoven
Dabei wäre es eine besondere Begegnung geworden – die Verbundenheit der beiden Künstler währt mehr als sechzig Jahre: Das argentinisch-israelische Wunderkind Daniel Barenboim war 12 Jahre alt, als es 1954 mit dem Pianisten Menahem Pressler in Israel einen denkwürdigen Kammermusik-Abend gab. Und so dankte Pressler dankte Barenboim nicht nur in seiner Band-Aufnahme, sondern erinnerte sich an die „Chuzpe“ des jungen Barenboim und sagte: „Ich werde ihn immer dafür lieben, dass er nicht zu beeindrucken war und immer er selbst blieb!!“
Auf den ausverkauften und begeistert gefeierten Abend mit vier Beethoven-Sonaten von Daniel Barenboim, der minutenlang in stehenden Ovationen badete, sich aber vom dankbaren Publikum nicht zu einer Zugabe erweichen ließ, folgen nun noch bis in den späten Juli von Duisburg bis Dortmund, vom Revier über den Niederrhein bis zum Münsterland 60 Konzerte in 23 Städten.
Lebende Legenden und künftige Stars
2019, da nicht nur der Brexit sondern neue Nationalismen den Kontinent prüfen, setzt das Klavierfestival ganz bewusst auf das Verbindende der Musik. Festival-Intendant Franz Xaver Ohnesorg beschwört das Grenzenlose, das auch die gastierenden Musiker selbst verkörpern: „Die Biografien vieler unserer Künstler sind geradezu ein Appell für ein gemeinsames Europa!“ Für diesen Appell stehen in diesem Jahr „Living Legends“ und „Rising Stars“, lebende Legenden also und aufsteigende Sterne – pianistische Berühmtheiten und solche, die es bald sein könnten.
Mehr als ein Drittel der Klavierabende des Festivals ist bereits ausverkauft. Programmdetails unter www.klavierfestival.de.
Eine Musikkritik des Beethoven-Abends erfolgt in einem eigenen Text am Mittwoch