Essen. . Einst Folkwang-Schüler, später weltberühmter Fotograf: Jetzt ist Michael Wolf in seiner Wahlheimat Hongkong im Alter von 64 Jahren gestorben.

Berühmt, weltberühmt wurde Michael Wolf für seine Foto-Serien, etwa mit Porträts von eingepferchten Pendlern in den U-Bahnen von Tokio oder Hongkong. Michael Wolfs Kunst bestand dabei stets darin, noch in den unmenschlichsten Situationen das Urmenschliche zu sehen und festzuhalten – wie auf dem Bild des Mannes, der vom dichtesten Menschenauflauf bedrängt, noch Entspannung zu finden scheint oder gar Träume, wie der Titel einer dieser Fotografien suggeriert.

Weltberühmt wurde Michael Wolf dann, als er gleich drei Mal den „World Press“-Fotopreis gewann, 2005 in der Kategorie „Aktuelle Themen“, 2010 für ein Foto aus dem Alltagsleben und 2011, als er unglückliche Momente von Google-Street-View-Bildern zu einer Serie kombinierte.

Unverstellte Lebenslust in „Bottrop-Ebel“

Schlachttag in der Garage: Bottrop-Ebel,
Schlachttag in der Garage: Bottrop-Ebel, © Michael Wolf / Ruhr Museum

Michael Wolf hatte dieses sichere Auge für Momente, aber oft waren sie bei diesem Meister-Fotografen Teil eines Zeit- und Bilderflusses. Denn das Genre seiner Wahl waren Foto-Serien. Nicht von ungefähr war schon seine Abschluss-Arbeit nach einem Foto-Studium an der Essener Folkwang Hochschule bei Otto Steinert eine echte Menschen-Serie: Für „Bottrop-Ebel“ hatte sich Wolf 1976 für Monate in der Bergarbeiter-Siedlung auf der Emscherinsel der Zeche Prosper einquartiert und das Vertrauen der Menschen dort gewonnen; dass sie in und zwischen ihren Ziegelstein-Häusern das Ende einer Epoche lebten, mag Michael Wolf geahnt haben, gesehen aber hat er raue, unverstellte Lebenslust und eine Art von Geborgensein, die man sich jenseits der Emscher-Arme kaum mehr vorstellen konnte.

Große Teile dieser Foto-Serie sind derzeit noch einmal in Bottroper Museum Quadrat zu sehen. Eine weitere Verbeugung, nachdem die Hamburger Deichtorhallen dem Fotografen schon im Herbst 2018 eine Ausstellung gewidmet hatten.

Architektur-Fotografie in Mega-Städten wie Chicago

Wolf war in München geboren, aber in den USA aufgewachsen, vor seiner Folkwang-Zeit hatte er im kalifornischen Berkeley studiert. Seit 1994 lebte Wolf in Hongkong, zunächst als fest angestellter Fotograf der Illustrierten „Stern“, bis die einstmals so komfortablen Bedingungen immer restriktiver wurden. Wolf machte sich als freier Fotograf rasch einen Namen, auch mit Architektur-Fotografie in Mega-Städten wie Chicago und Paris. Dabei kam ihm immer noch die Lehrzeit bei dem Schwarz-Weiß-Granden Otto Steinert mit ihrer Fixierung auf Linien und Strukturen zugute.

Wie seine Galeristin Sarah Greene mitteilte, ist Michael Wolf bereits am Dienstag in seiner Wohnung in Hongkong gestorben, er wurde nur 64 Jahre alt.