. Ehrlich, voller Zweifel, auffallend unaufgeregt, Pinks neues Album hält nicht gerade Rock’n’Roll bereit, aber spannende Blicke auf die Musikerin.

„Maybe I’m just scared to be happy“, singt Pink im Refrain von „Happy“, „vielleicht habe ich einfach nur Angst vorm Glücklichsein“, und jedes Mal, wenn sie es versuche, stehe sie sich wieder selbst im Weg. Weiter spricht sie in dem Stück darüber, ihren Körper zu hassen, seit sie 17 ist und bei so ziemlich jedem Therapeuten der Welt gewesen, aber einfach zu zynisch zu sein, um sich mit ihren Gefühlen auseinanderzusetzen.

Immerhin: „Seit ich 22 bin, bin ich mit jemandem zusammen, der mich liebt, und ich versuche daran zu glauben, dass diese Liebe wahr ist. Doch mein Kopf wirbelt mein Herz immer wieder durcheinander, da kann ich machen, was ich will.“ Die Musik dazu ist wunderbar unaufdringlich, einfach eine akustische Gitarre, kein Zinnober, im Mittelpunkt Pinks Stimme und ihre intimen Bekenntnisse.

Pinks neues Album „Hurts 2B Human“ lässt einen nah ran an den Menschen hinter der Musik

Man dürfte, in diesen Zeiten der auch musikalisch oft oberflächlichen Bedürfnisbefriedigung, nicht viele aktuelle Alben finden, die einen so nah ran lassen an den Menschen hinter der Musik wie Pinks „Hurts 2B Human“. Offen zu sein, bis es weh tut, war immer schon ihr Quasi-Alleinstellungsmerkmal unter den Popstars der letzten ein bis zwei Jahrzehnte (Pink hat 60 Millionen Alben verkauft). Man erinnere sich an Pinks persönliches „M!ssundaztood“ von 2001, auf dem sie kaum etwas ausließ von zerrütteten Familienverhältnissen („Family Portrait“), dem Verlassen des Elternhauses in Pennsylvania bis zu frühem Drogenkonsum.

Später dann nahm das Mädchen, das im Gegensatz zu heutigen Jungstars wie Billie Eilish oder Shawn Mendes aus keinem privilegierten Elternhaus stammt, die Kurve und kämpfte sich nach vorn. Und noch eine Eigenschaft macht sie besonders. „Ich bin schmerzhaft ehrlich“, so Pink, die als Alecia Moore zur Welt kam, „und ich bin tatsächlich eine notorische Zweiflerin.“

Ein aufrichtiger und ernsthafter Ton durchzieht das neue Album von Pink

Pink ist – mit kurzen Unterbrechungen – seit 18 Jahren mit dem Motocross-Fahrer Carey Hart zusammen, 2006 haben die beiden geheiratet, das Paar hat zwei Kinder. So unverkrampft und mitteilsam sie sich in ihren Songs gibt, so locker präsentiert sie sich und ihre Liebsten in den sozialen Medien.

Ein aufrichtiger, ernsthafter, ja erwachsener Ton (Pink wird im September 40) prägt das gesamte Album. Kein Vergleich zu dem erst vor anderthalb Jahren erschienenen „Beautiful Trauma“, musikalisch war der Vorgänger wüster. Pink: „Ich war nie gut darin, in so einem sanften, harmonischen Flow durchs Leben zu schweben.“

Im Sommer geht sie auf Tour. NRW-Stationen sind Schalke und Köln

Doch nun scheint sie den Versuch zu starten. Zum Beispiel im Titelsong, einem Duett mit Khalid. Pink beschreibt das Szenario einer Zweisamkeit, die nicht frei von Fehlern ist, aber in entscheidenden Momenten halt nicht zerbricht. Im entspannt-unaufgepeppten „My Attic“ räumt sie Leichen im Keller auf, und das melancholische „90 Days“, eine Kollaboration mit dem Singer/ Songwriter Wrabel, geht richtig an die Nieren, so schön ist dieses Lied.

Die große Politik bleibt bei Pinks introspektiven Offenbarungen außen vor, nur im pulsierenden „Can We Pretend“ (featuring Cash Cash) singt sie die hübsch-fiese Zeile „Can we pretend that we both like the president“, während das erbauungshymnische „Courage“ auch als Ermunterung an all die jungen Menschen verstanden werden könnte, die sich gerade nichts mehr gefallen lassen. „Die Nachrichten, die ganze Welt, das überfordert mich manchmal. Oft will ich mich nur noch in irgendeiner Ecke verstecken, weil ich das alles nicht mehr hören und ertragen kann.“ Auch keine Dauerlösung. „Nein. Und deshalb begeistern mich die jungen Menschen, die auf Demos marschieren. Das gab es zu meiner Zeit nicht.“

Ein paar schnelle Nummern gibt es auf „Hurts 2B Human“ übrigens auch, „Hustle“ ist eine coole Verbeugung vor dem Motown-Soul, das aus der Max-Martin-Hitbäckerei stammende „(Hey Why) Miss You Sometime“ kann auch auf Hip-Hop-Partys laufen. „Ich wollte nie in einer Schublade stecken. Denn dort bist du gefangen. Mir war es immer wichtig, als Künstlerin Risiken einzugehen, zu wachsen, die Grenzen zu verwischen.“

Aber das Herz von „Hurts 2B Human“ ist und bleibt eindeutig: Die Liebe.

-------------------------

ALBUM UND TOUR

Pinks nunmehr achtes Studioalbum „Hurts 2B Human“ erscheint am morgigen Freitag.

2019 ist die Sängerin auch in Deutschland auf Tour. Ihre NRW-Konzerte gibt sie am 5. und 6.Juli im Rhein-Energie-Stadion Köln und am 9. August auf Schalke.