Essen. . Was Pop-Kids im Blaublüter-Opernhaus treiben: Die Pet Shop Boys zeigen ihre Shows im Royal Opera House auf DVD. Und lassen die EP „Agenda“ hören.

Es gibt zwei Gründe, Popstars ins ehrwürdige Royal Opera House hereinzulassen: Entweder sind sie so etabliert, dass Musiker und Publikum beim Konzert garantiert nicht das teure Mobiliar des Musentempels zerschroten – oder sie sind so innovativ, dass die Darbietung als hohe Kunst angesehen werden darf. Die Pet Shop Boys dürfen an beides ein Häkchen machen und spielten im Juli 2018 vier Nächte in der fantastischen Klang-und-Prunk-Atmosphäre im Herzen Londons. An zwei Abenden waren Kameras dabei, so dass die einzigartige Inszenierung nun als Live-DVD erscheint: „Inner Sanctum“.

Wie es bei weitestgehend elektronischer Musik allzu oft ist: Die akustische Darbietung ist sehr solide, aber weitgehend frei von instrumentellen Überraschungen. Neil Tennants Gesang ist auch im 64. Lebensjahr über jeden Zweifel erhaben, seine Betonung klingt angenehm nach Distanz der Upperclass.

Die Licht-, Video- und Tanzshow, mit der das Duo die Bühne füllt, betäubt die Sinne. Tennant und Keyboarder Chris Lowe kommen mit fantastischen Helmen, die wie aus Metallstreifen zusammengesetzt sind, auf die Bühne und stimmen vor einem Beat-genauen Reigen bunter Kreise „Opportunities“ an, psychedelisch und futuristisch zugleich. Beide Stile ziehen sich durch die Show, später gesellen sich Musiker und Tänzer zu den beiden, die mal wie Raumfahrer, mal wie aufgeblasene Ballonmenschen wirken. 18 Songs, darunter „West Ende Girls“, „Se a vida é“, „It’s A Sin“, „The Pop Kids“ und „Always On My Mind“, und ein Publikum, das textsicher Gesangsparts etwa bei „Domino Dancing“ übernimmt – die Show ist des Royal Opera Houses würdig.

P.S.: Parallel ist die „Agenda“-EP erschienen, der Song „Give Stupidity A Chance“ enthält Seitenhiebe auf den Brexit und auf Donald Trump – für die Pet Shop Boys außergewöhnlich direkt. Genau wie „On Social Media“, eine Kritik des Verhaltens auf Facebook & Co.