Essen. . Neu im Kino: Der intensive Film „Van Gogh – An der Schwelle zur Ewigkeit“ blickt auf das Leben des außergewöhnlichen holländischen Künstlers.

Was stimmt bloß nicht mit dem Holländer? Die Bürger von Arles sind beunruhigt, seit dieser Kerl aus den Niederlanden entlang der Felder nahe der Stadt unterwegs ist und Dinge malt, von denen kein normaler Mensch auch nur Notiz nehmen würde. Bäume im Wind, Leute von der Straße, immer wieder Sonnenblumen, ein Café am Abend und dann die Sterne gar – so einer kann nicht alle Tassen im Schrank haben. Man muss die Kinder von ihm fern halten. Am besten jagt man ihn aus der Stadt.

So ähnlich könnte es gewesen sein. Es ist nicht präzise überliefert, was genau sich alles in jenen Sommer-, Herbst- und Wintermonaten des Jahres 1888 in der südfranzösischen Stadt Arles ereignete, in jener von zunehmenden Streitereien zerrütteten Künstlergruppe des Holländers Vincent van Gogh und seines französischen Malerfreundes Paul Gauguin. Es muss schlimm gewesen sein, schließlich büßte Van Gogh kurz vor Weihnachten einen Teil seines linken Ohres ein.

War es Selbstmord? Oder ein Unfall?

Dann die Zeit in der Heilanstalt Saint Remy, schließlich die Übersiedlung in das bäuerliche Dorf Auvers-sur-Oise, wo im Frühsommer 1890 binnen 70 Tagen 80 Gemälde und 60 Zeichnungen entstehen. Und dann der verhängnisvolle Schuss am Rande eines Weizenfeldes. War es Selbstmord? Oder doch ein Unfall? Die Ärzte belassen die Kugel im Körper. Vincent van Gogh muss sehr gelitten haben in den letzten zwei Tagen seines Lebens, das am 29. Juli 1890 sein Ende findet.

Kaum ein Maler hat Literaten und Filmschaffende derart beschäftigt wie jener Holländer, der sich die Seele aus dem Leib malte. Diese Leidenschaft ist auch dem Kollegen Gauguin letztlich unheimlich. Van Gogh, dieses „Leben in Leidenschaft“, wie schon Irving Stone 1934 seinen Roman über den Maler betitelte.

Filmische Annäherung an den Mythos

War da wirklich sonst nichts? Man durfte sehr neugierig sein, wie der New Yorker Künstlerfürst Julian Schnabel sich filmisch dem Mythos nähern würde. Das Resultat lässt einen ratlos zurück. Van Gogh wurde nur 37, aber Schnabel besetzt den Maler mit Willem Dafoe, der beim Dreh schon 62 war. Er wählt als Ausdrucksmittel für des Künstlers aufgewühlte Psyche die Handkamera, aber fuchtelt damit zwischen Füßen und Stuhlbeinen herum, als ob innerer Aufruhr durch Mäuseperspektive einzufangen wäre. Vor allem aber kommt Schnabel zu keiner zwingenden eigenen Betrachtung.

Auch er gelangt am Ende nur zur alten Erkenntnis, dass van Gogh vom Malen besessen war und am Unverständnis der Welt zugrunde ging. Immerhin das spiegelt sich in zwei starken Dialogszenen; die eine mit einem Priester, der die Bilder unnötig verstörend findet, die andere mit Gauguin, grandios verkörpert von Oscar Isaac, der mit arrogantem wie mitleidigem Blick befindet: „Ich verstehe dich nicht. Aber du musst malen.“