Duisburg. . Das Duisburger Theater am Marientor geht neue Wege: Die Eigenproduktion „Jesus Christ Superstar“ wurde vom Publikum begeistert aufgenommen.

Von einem ersten Schritt auf dem neuen Weg des Theaters am Marientor (TaM) hatte Wolfgang DeMarco in seiner kurzen Eröffnungsrede am Premierenabend gesprochen. Der erfahrene Kulturmanager und Produzent, der seit März 2018 als Direktor die künstlerischen Geschicke leitet, hat dem Haus eine Rückbesinnung verordnet, will brach liegende Ressourcen besser nutzen. Unter anderem soll das bisher weitgehend fremdbespielte TaM durch Eigenproduktionen noch stärker im gesellschaftlichen und kulturellen Leben der Stadt verankert werden. Der Auftakt mit Andrew Lloyd Webbers Rock-Oper „Jesus Christ Superstar“, so DeMarco, stehe symbolhaft für die Auferstehung des Theaters.

Inga Hilsberg leitet zwölf exzellente Musiker

Dieser erste Schritt, das gleich vorweg, ist ein eindrucksvoller. Wenn in der Ouvertüre die verzerrte E-Gitarre erklingt und wenig später der Slap-Bass einfällt, dann ist klar: Unter den drei zur Verfügung stehenden Fassungen des Werks (großes Orchester, reduziertes Orchester, Rockband) hat man sich für eine modifizierte Rock-Variante entschieden. Inga Hilsberg, sonst Chefdirigentin der Kölner Symphoniker und der Kölner Kammeroper, leitet die zwölf exzellenten Musiker, die im atmosphärisch illuminierten Halbdunkel links und rechts auf Podesten platziert sind.

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Was aber davor und dazwischen geschieht, widersetzt sich gängigen Erwartungen und einschlägigen Erfahrungen. Auf der Bühne ein paar weiße Holzkisten, dazu eine große geneigte Scheibe als zentrale Spielfläche. Hier tummeln sich Menschen, die in der Folge Jesus, Judas, Maria Magdalena oder Simon sein werden, in ganz normaler Freizeitkleidung: Jeans, Sneakers, T-Shirts, Kapuzen-Pullis. Anzugträger gibt es auch. Doch das ist nicht der Versuch, die letzten sieben Tage im Leben Christi krampfhaft im Heute zu spiegeln, aktuelle Bezüge zu konstruieren. Es ist vielmehr der Beginn einer bestechenden Symbiose aus Reduktion und Opulenz.

Regisseurin Katja Thost-Hauser vertraut der Musik

Der österreichischen Regisseurin Katja Thost-Hauser gelingt das Kunststück, ihre rasante Inszenierung eben nicht als solche erscheinen zu lassen. Die Handlung wird nicht im klassischen Sinne ausgespielt, die Aufführung nähert sich bewusst der szenischen Einrichtung eines Konzerts an, bei der Äußerlichkeiten eine untergeordnete Rolle spielen. Diese geschickte, unaufdringlich auf technische Hilfsmittel zurückgreifende „Bebilderung“ lenkt den Focus umso stärker auf Lloyd Webbers Musik und auf die englischsprachigen Songtexte von Tim Rice (keine Untertitelung). Nur einmal weicht Thost-Hauser von ihrem Ansatz ab: Wenn inmitten all der Alltagsfiguren Herodes als knallbunter, leicht tuntiger Paradiesvogel auftaucht. Doch das ist erstens dem Darsteller geschuldet, dem schillernden Schauspieler und Moderator Ralph Morgenstern, ist zweitens vom Text gedeckt und fügt sich, drittens, vor allem nahtlos ein.

Dynamische Choreografien von Kati Farkas

Für zusätzliche Dynamik sorgen die jedem Musical zu höchster Ehre gereichenden Choreografien von Kati Farkas, die vielen Zuschauern nicht zuletzt durch ihre Arbeiten am Gelsenkirchener Musiktheater im Revier bekannt sein dürfte. Auf ganz hohem Niveau singen und agieren auch die Darsteller, allen voran Patrick Stanke als Jesus, Andrea Matthias Pagani (Judas) und Dionne Wudu als Maria Magdalena. Der Premierenjubel im voll besetzen Haus spiegelte auch geweckte Erwartungen. Dem ersten Schritt soll im November, dann als Uraufführung, die nächste Eigenproduktion folgen: Das Musical „Wallace“ über den schottischen Freiheitskämpfer William Wallace. Es bleibt spannend am TaM.