Keira Knightley und Alexander Skarsgard treffen sich im „Niemandsland“ der Nachkriegszeit. James Kents Film aber bleibt zu brav und zu fad.
Es ist ein kalter Wintertag, als Rachael Morgan nach Hamburg kommt. Die Stadt steht stellvertretend für ein Land, das den Krieg verlor und dafür böse bluten musste. Rund anderthalb Jahre sind seit der Kapitulation und damit seit dem Ende des III. Reiches vergangen. Von einer Rückkehr zur Normalität sind Land und Leute noch weit entfernt. Rachael findet im Jahre Zwei seit der Stunde Null Chaos und Armut vor.
Aufrechter Turm der Zuversicht ist ihr Mann. Lewis Morgan ist Offizier der britischen Besatzungskräfte und Teil des Stabes, der am Wiederaufbau des Landes arbeitet; vor allem obliegt ihm die Hoheit zu entscheiden, wer als entnazifiziert gilt und deshalb den begehrten Passierschein für freie Reise im Land erhält. Weil Wohnraum in der zerbombten Stadt knapp ist, werden Morgan und seine Frau im Randbezirk in einer Villa einquartiert, die dem Architekten Lubert gehört.
Produziert von Ridley Scott
Einer der Produzenten dieses Films ist Ridley Scott. Der kam als Regisseur bahnbrechender Filme wie „Alien“, „Blade Runner“ oder „Gladiator“ zu Ruhm. Auch mit 81 ist der Mann enorm aktiv. In Hollywood stemmt er Filme („Earthquake Bird“) und Serien, in der englischen Heimat leitet er mit „Mord im Orient Express“ ein Agatha-Christie-Revival ein, dem nun – wieder von und mit Kenneth Branagh - „Tod auf dem Nil“ folgt.
Als Regisseur hat Scott einen Agentenreißer angekündigt, eine Fortsetzung zu „Gladiator“ und ein Epos über die Luftschlacht von England.
Morgan verordnet, dass Lubert und seine halbwüchsige Tochter Freda im Hause wohnen bleiben, allerdings auf dem Dachboden. Rachael tut sich schwer mit ihrer neuen Rolle als Hausdame in einem ihr feindlich gesinnten Haushalt. Dann erfährt sie, dass Lubert seine Frau während eines britischen Bombenangriffs verlor. Ihr eigener kleiner Sohn kam bei einem Luftangriff der Deutschen ums Leben. Langsam kommen Rachael und Lubert sich näher, während Morgan sich in der Arbeit aufreibt und Anschläge der NS-Freischärlergruppe Werwolf fürchten muss.
Spiel der Gefühle in Eiseskälte
Der Winter 1946 auf 1947 war einer der kältesten in Deutschland, in dessen Verlauf sogar der Rhein zufror. Während Trümmerfrauen in Hamburg Steine von den Straßen räumen, rotten sich verliebte Teenager um kernige Jungkämpfer, die den Mythos von Widerstand und Endsieg vor Lagerfeuern in Kellerlöchern predigen. Die Engländer sind entweder verantwortungsbewusst oder auf auf Rache aus; auf jeden Fall schlürfen sie eine Menge Cocktails.
Die Affäre zwischen einer verheirateten, aber traumatisierten Engländerin und einem gut aussehenden, gebildeten Deutschen, der vielleicht ein gar nicht ruhmreiches NS-Geheimnis zu verbergen trachtet, das ist der melodramatische Zellkern dieses Films, der in mehr als einer Hinsicht aus der Zeit gefallen ist. Keira Knightley mit sinnlich geschürzten Lippen müht sich einmal mehr um schauspielerischen Anschluss ins erwachsene Frauenfach. Dafür stürzt sie sich gemäß Drehbuch und der Romanvorlage von Rhidian Brook in die Liaison mit dem Ex-Feind, den Alexander Skarsgard mit einer skandinavischen Noblesse ausstattet, an der Alber Speer seine helle Freude gehabt haben dürfte.
Prognostizierter Verlierer im Spiel der Gefühle scheint der einmal mehr verlässliche Australier Jason Clarke, der aktuell auf dem „Friedhof der Kuscheltiere“ buddelt, hier in britischer Uniform aber eine bessere Figur macht. Grundsätzlich ist das alles ganz schick angelegt und schreit in der Synthese aus verbotener Liebe und gefährlichem Geschäft nach einer Regie im Stile Alfred Hitchcocks.
Regisseur James Kent bleibt zu brav
Zur Verfügung gestellt wurde aber nur James Kent, ein braver Filmhandwerker, der seine ersten Gehversuche im Dokumentarfilm tat, bevor er sich mit BBC-Serien einen Namen beim Fernsehen machte. Seine erste Kinoarbeit sieht entsprechend gediegen aus, findet aber zu keiner Zeit zu atmosphärischer Dichte oder dramatischer Spannung. Der Film wirkt deshalb stets wie die Bewegtbild-Illustration eines routiniert verfassten Schmökers, der über die Tristesse eines Nachmittags hinweghelfen soll. Im Fernsehen hat das seine Berechtigung. Im Kino ist das in der gegebenen Form entschieden zu brav, zu fad, zu wenig.