Essen. . Aus dem Leben eines Türstehers: Für seinen neuen Film „Berlin Bouncer“ ist David Dietl tief eingetaucht in die Club-Szene der Hauptstadt.

An der Tür des legendären Berliner Techno-Clubs „Berghain“ durfte David Dietl nicht drehen. Dabei ist Sven Marquardt, der seit beinahe 15 Jahren die Einlasspolitik des Clubs mehr als jeder seiner Mitstreiter und Kollegen prägt, einer der drei Türsteher, die Dietl in „Berlin Bouncer“ porträtiert. Aber der Mythos des „Berghain“ und der Nimbus des Privaten gehen vor. So erfährt man kaum etwas über die Entscheidungen, die Marquardt an der Tür des Clubs trifft. Doch vielleicht ist das auch gar nicht so schlecht.

Die Szenen, die Frank Künster und Smiley Baldwin, zwei beinahe ebenso berühmte Bouncer, bei der Arbeit zeigen, illustrieren nur, was schon zu erahnen war. Das Wirken eines Türstehers lässt sich natürlich abbilden, aber nicht wirklich fassen. Warum die eine in den Club eintreten darf und der andere nicht, dafür gibt es keine rationalen Erklärungen. Und es gibt auch keine Anleitungen, denen Baldwin, Künster und Marquardt folgen könnten. Also entscheiden sie spontan, meist nach Bauchgefühl, um für den jeweiligen Abend die perfekte Mischung der Partygäste zu finden. Insofern konnte Dietl mit seiner Dokumentation eigentlich nur scheitern.

„Berlin Bouncer“ zeigt andere Facetten der Türsteher

Vater als Wegbereiter

David Dietl ist der Sohn des 2015 verstorbenen Regisseurs Helmut Dietl („Kir Royal“). Als 16-Jähriger absolvierte der Junior ein erstes Praktikum beim Vater: „Ich wollte Geschichte studieren, doch er hat gesagt: Geschichte ist Schmarrn, jetzt arbeitest du erst mal bei mir“, sagte Dietl dem „Zeit Magazin“.

Aber genau dieses Scheitern an der Arbeit seiner drei Protagonisten hat Dietl einen anderen Weg eröffnet. Zum einen zeigt „Berlin Bouncer“ die anderen Facetten der Türsteher. Sven Marquardt hat es als Fotograf zu internationaler Berühmtheit gebracht, und der ehemalige GI Smiley Baldwin leitet heute eine erfolgreiche Security-Firma. Zum anderen ist Dietls Film ein melancholisches Porträt der Berliner Clubszene, die ihre Blütephase in den Jahren nach dem Mauerfall erlebte.

Die berühmten Clubs, die damals in den 1990er-Jahren und zu Beginn des neuen Jahrhunderts aufgemacht haben, sind heute meist verschwunden. Der Wandel der Stadt, die Gentrifizierung der Kieze, hat auch das Nachtleben verändert.

Von der Vergangenheit eingeholt

Also blickt Dietl gemeinsam mit den drei Türstehern wehmütig zurück. Die Provinz, aus der Frank Künster einst geflohen ist, hat ihn, der nicht nur an der Tür der „King Size Bar“ gestanden hat, sondern auch deren Betreiber war, letztlich in Berlin eingeholt.