Köln. . Daniel Hug, Direktor der Art Cologne, spricht im Interview über verrückte Preise auf dem globalen Kunstmarkt, Erfolgsrezepte und kleine Picassos.
In der kommenden Woche beginnt die 53. Art Cologne (11.-14. April), und die Mutter aller Kunstmessen hat ihre Midlife-Crisis hinter sich, seitdem der einstige Künstler und Galerist Daniel Hug vor elf Jahren die Zügel in die Hand genommen hat. Jens Dirksen erfuhr von ihm, dass in diesem Jahr mehr Galerien denn je draußen bleiben müssen, weil sich die Art Cologne kleiner setzt – aus Gründen des Erfolgs...
Wie beurteilen Sie die Lage auf dem Kunstmarkt?
Daniel Hug: Es ist ähnlich wie auf dem Finanzmarkt: Es gibt Gelegenheiten, es gibt gute und schlechte Investitionen. Es ist völlig okay, Kunst auch als Wertanlage zu betrachten. Ich glaube aber, man sollte Kunst aus Liebe kaufen. Und wenn man sich dann noch gut informiert, steigen auch die Chancen, dass das eine gute Anlage wird. Im wesentlichen, so schlicht es klingt, ist es das alte Rezept: Buy low, sell high – kaufe günstig, verkaufe teuer.
Ist der Kunstmarkt überdreht?
Nee, das ist auch mit anderen Luxusgütern so, es ist verrückt! Sehen Sie, es gibt Sammler von Dinosauriern oder anderen Fossilien, und es ist vollkommen verrückt, was Menschen für einen Zahn von einem T-Rex zahlen. Und warum? Weil es rar ist. Und Kunst ist eben auch eine Rarität.
Eine Rarität?
Ja, von begehrten Künstlern, die kunsthistorisch Wichtiges geschaffen haben. Wie viel können die schaffen? Manche kommen auf 50 Werke, andere auf 1000 oder 2000 – das ist limitiert. Und klar, die Preise dafür sind verrückt!
Weil der Kunstmarkt global ist?
Der Kunstmarkt war immer lokal, aber heute ist er auch global. Ein Künstler wie Gerhard Richter hat ein globales Niveau erreicht, da ist er auf dem Niveau von Warhol und Picasso. Aber er ist eben auch ein Kölner Künstler, er spielt auch eine Rolle auf dem lokalen Markt.
Sind Sie stolz, die Art Cologne wieder auf Kurs gebracht zu haben?
Klar! Das Schöne ist, dass viele das schon fast wieder vergessen haben, und das ist auch gut so! Bei der jungen Generation von Galeristen und Künstlern hat die Art Cologne eine ganz andere Wahrnehmung. Das ist jetzt meine, Moment..., nine, ten, eleven – meine elfte Messe. Jede Messe muss sich ständig neu erfinden. Und wenn man in einem Jahr den perfekten Punkt erreicht hat, muss man die Messe trotzdem neu erfinden. Die Menschen sind schnell gelangweilt heute.
Und was ist diesmal neu bei der Art Cologne?
Wir haben viel geändert in diesem Jahr, vor allem haben wir die Zahl der Galerien reduziert, in den letzten drei Jahren war die Messe auf drei Stockwerke verteilt, in diesem Jahr werden es nur noch zwei sein.
Oh, wollen die Galerien nicht mehr nach Köln kommen?
Nein, im Gegenteil: Es war eine Bitte von Ausstellern. Diejenigen, die zur Art Cologne kommen, möchten gern mehr verkaufen.
Und wie viele kommen jetzt?
Es werden 174 Galerien sein statt 210 im vergangenen Jahr. Seit Ende der 80er-Jahre ist die Art Cologne uneingeschränkt gewachsen, es wurden bis zu 390 Galerien, manchmal ging die Messe sogar über zwei Wochenenden. Andere Messen waren intimer und wurde dadurch interessanter. Die Art Cologne war seit 1987 nicht mehr so klein wie in diesem Jahr, ich freue mich sehr darauf! Wir mussten sogar das Restaurant aus der Halle nehmen. Wir haben die Hoffnung, mit den Veränderungen zu handeln, bevor es Probleme gibt. Es wird übersichtlicher, es wird hoffentlich entspannter und die Verkäufe werden hoffentlich besser.
Und wenn nicht?
Wir prüfen in diesem Jahr nach der Messe erst einmal, ob die Änderungen gut waren.
Noch etwas Neues?
Ja. Als Reaktion auf die hohen Preise machen wir diesmal eine Sonderschau mit dem Archivio Conz. Francesco Conz ist ein italienischer Sammler und Verleger von Editionen, von Auflagen-Kunst zu bezahlbaren Preisen. Er hat viel mit Fluxus-Künstlern gemacht. Sehen Sie, ein Silkscreen-Druck von Andy Warhol war vor Jahren noch für 2000 Dollar zu haben, heute kosten sie 20.000. Ich habe zuletzt eine Edition von Rosemarie Trockel gekauft, die eine Auflage von neun Stück hatte. Ich sage jetzt nicht den Preis, aber das war ein Super-Deal – und erschwinglich für normale Menschen. Wir haben diesmal sieben Stände mit Editions-Verlegern. Auch Kunstvereine sind wieder auf der Art Cologne.
Noch eine Neuerung?
Wir werden die Piazza bespielen, mit der großformatigen Skulptur „The Fallen Sky“, der heruntergefallene Himmel von Ilja & Emilia Kabakov. Die ist acht mal sieben Meter groß und wird wirklich so aussehen, als sei sie aus dem Himmel auf die Piazza gefallen.
Und Raubkunst ist kein Problem auf der Art Cologne?
Alles, was ausgestellt wird, hat einen Provenienz-Nachweis. Wir schicken unseren Online-Katalog auch an das Art-Loss-Register, dort werden die Titel überprüft, ob es sich um Raubkunst handelt. Wir hatten allerdings einmal eine Fälschung auf der Messe...
... ein Josef-Albers-Gemälde?
Okay, wir hatten zwei Fälschungen.
Und wenn Sie selbst wählen dürften zwischen einem Rubens, einem Picasso, einem Beuys und einem Banksy, was würden Sie nehmen?
Den Picasso, klar! Möglichst einen aus der Blauen Periode. Die sind unbezahlbar. Und den würde ich verkaufen, mir ein schönes Ferienhaus kaufen und einen kleineren Picasso da hineinhängen.
Warum denn das???
Bei dem großen Picasso wüsste ich ja gar nicht, wie ich ihn versteuern sollte, geschweige denn versichern. Allein die Versicherung für so ein Werk macht dich pleite!