Dortmund. . Kurz und gut: Josef Reding macht nicht viele Worte, er findet aber immer genau die richtigen. Jetzt wird der große Revier-Autor 90 Jahre alt.

Gegen die „Überfütterung der Sinne mit dem Blätterteig klebrigen Scheinwissens“ setzt Josef Reding stets das „genaue Wort“ und nimmt jede Nuance wichtig. Und dass er nicht viele Worte macht und nach Möglichkeit nicht mehr als nötig, verdankt dieser Autor, dessen fulminant großes Werkverzeichnis neben Büchern auch Hörspiele, Filme und Theaterstücke umfasst, vielleicht der Tatsache, dass er im Ruhrgebiet nicht nur geboren, sondern auch die meiste Zeit ansässig war.

Genau hier, im Revier war Josef Reding, der am Mittwoch, 20. März, seinen 90. Geburtstag feiern kann, aber auch schon früh eine Ausnahme-Erscheinung. Nach zwei Jahren als Betonarbeiter nahm er in Münster ein Germanistik-Studium auf und schloss es als Fulbright-Stipendiat in den USA ab, wo er sich schon in den 50er-Jahren für die Bürgerrechtsbewegung einsetzte. Reding bereiste in dieser Zeit auch schon Brennpunkte der „Dritten Welt“ – und profitierte als christlich geprägter Autor enorm von dieser Perspektiv-Erweiterung, die ihn auch Leben, Lieben und Leiden im Ruhrgebiet sehr souverän sehen ließ.

Mitbegründer der „Gruppe 61“ in Dortmund

Josef Reding, der engagierte Literat, sieben Jahre lang Vorsitzender im NRW-Verband der Schriftsteller, Mitbegründer der „Gruppe 61“ in Dortmund, kam als Sohn eines Filmvorführers 1929 in Castrop-Rauxel zur Welt und erlebte noch als Schüler die letzten Monate des Zweiten Weltkriegs in Hitlers „Volkssturm“ – eine Erfahrung, die ihn zutiefst prägte: „Dass meine Generation das Dritte Reich durch- und überlebt hat, ohne schuldig geworden zu sein, verdankt sie kaum einer besonderen Charakterstärke, sondern lediglich ihrem Geburtsdatum“. Deshalb hielt er es für seine Pflicht, „durch redliche Kleinarbeit, durch Aufstellen von Warnsignalen einen beginnenden Rückfall in die Geisteshaltung von gestern zu verhindern“.

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Reding tat das am liebsten in Form von Kurzgeschichten, die Kriegsgefangenschaft bei den Amerikanern und seine US-Aufenthalte hinterließen auch literarisch tiefe Eindrücke. Die „Short Story“, deren ideale Form er sich in der kritischen Auseinandersetzung mit den Werken von Charles Dickens, Ernest Hemingway, John Dos Passos und William Faulkner aneignete. Reding machte seine Erlebnisse zum literarischen Material, tauchte seine Geschichten in die „Lauge des Alltags, diese müde Jauche aus Sorgen und rosafarbenen Wünschen und zerkochtem Tratsch“ und zog Erzählungen heraus, in denen Einzelschicksale zu Musterfällen kristallisierten.

Erzählerische Schlaglichter

Reding maß oft den Graben zwischen Glücksansprüchen und gesellschaftlicher Wirklichkeit aus und richtete seine erzählerischen Schlaglichter auf Armutsviertel der Dritten Welt, auf Altenheime, Schrebergärten und Schützenvereine. Auch sein „Tatsachenroman“ über „Friedland“ als Durchgangsstation für Flüchtlinge des Zweiten Weltkriegs war gespeist von seinem Freiwilligen-Einsatz dort und schilderte in nüchterner Klarheit Not und Elend der Vertriebenen, als diese noch ausschließlich für revanchistische Polit-Strategien vereinnahmt wurden.

Dass Josef Redings erste Publikation 1952 ein Jugendbuch über ein Seifenkistenrennen war („Silberspeer und Roter Reiher“), sollte zum Leitmotiv seines Lebens werden. Es erschien im christlich geprägten Paulus-Verlag in Gelsenkirchen und war das erste von ein paar Dutzend Kinder- und Jugendbüchern eines Autors, dem es ein Anliegen war, seine Kurzgeschichten mit weit über 1000 Schul-Besuchen an Leser zu vermitteln. Und auch die Einsicht seines Gedichts über „das schwerste Wort“, die darin besteht, dass es nicht Popocatepetl, Chichicastenango oder Ouagadougou ist, sondern – „Danke“. Josef Reding hat sich dieses Wort redlich verdient.