Köln. . Der schönste Satz des Abends ist sprachlich falsch. Und eigentlich ist es auch gar kein ganzer Satz, sondern nur der Anfang von einem. „Wir müssen nicht nur Haltung gegen Rechts beziehen“, sagt Herbert Grönemeyer. Eine Haltung bezieht man nicht. Haltung zeigt man. Das, was man bezieht, ist eine Stellung. Ein Ausdruck, der aus dem Militärischen kommt. Aber der Mann ist Pazifist. Also bezieht er lieber Haltung. Schon seit den 1980ern. Als er den wiedereinsetzenden deutschen Nationalstolz beargwöhnte, als er beim Anti-Atomkraft-Festival „Nein“ zu Wackersdorf sagte und sich fürs Überleben des Stahlwerks Rheinhausen stark machte.

Der schönste Satz des Abends ist sprachlich falsch. Und eigentlich ist es auch gar kein ganzer Satz, sondern nur der Anfang von einem. „Wir müssen nicht nur Haltung gegen Rechts beziehen“, sagt Herbert Grönemeyer. Eine Haltung bezieht man nicht. Haltung zeigt man. Das, was man bezieht, ist eine Stellung. Ein Ausdruck, der aus dem Militärischen kommt. Aber der Mann ist Pazifist. Also bezieht er lieber Haltung. Schon seit den 1980ern. Als er den wiedereinsetzenden deutschen Nationalstolz beargwöhnte, als er beim Anti-Atomkraft-Festival „Nein“ zu Wackersdorf sagte und sich fürs Überleben des Stahlwerks Rheinhausen stark machte.

Haltung bezieht er bis heute. Auch beim Konzert in der Kölner Arena, wo er am Mittwoch vor 16 000 Menschen auftritt, um das am Donnerstag noch einmal zu wiederholen. Wieder ist die Hütte voll bis unters Dach. Und wird kollektiv in die Pflicht genommen. „Wir müssen auch überprüfen: ,Wie weit rutsche ich selber nach rechts?“, geht der angefangene Satz weiter, „wie weit verrohe ich, wie weit verroht meine Sprache?“ Damit das nicht passiert, bringt er neue Stücke wie „Fall der Fälle“ („Kein Millimeter, kein Millimeter nach Rechts“) oder plädiert mit dem Neuköllner Rapper BRKN in „Doppelherz“ dafür, zwei Herzen und zwei Welten in Einklang zu bringen. Wobei das auf dem Laufsteg im Innenraum aber paradoxerweise so wirkt, als würde jeder von beiden sein eigenes Ding machen. Bis auf die hastige Schlussumarmung.

In fast drei Stunden werden aber nicht nur ernste Töne angeschlagen. Dafür ist Grönemeyer viel zu sehr Grönemeyer. Selbstironisch gibt er zu Protokoll, was eine Umfrage zu seinen Konzerten zutage gefördert hat: „Drei Prozent kommen wegen der Lieder, fünf Prozent wegen der Texte, 17 Prozent wegen meines tänzerischen Potentials und 33 Prozent wegen meiner unfassbaren Optik.“ Zum Intro „Sekundenglück“ tritt der inzwischen 62-Jährige mit Brille an, dazu trägt er, wie immer, ein komplett schwarzes Outfit zu weißen Turnschuhen. Weniger Haare und weniger Hals, dafür mehr Bauch – aber das ist etwas, was man von der Mehrzahl seiner männlichen Fans auch sagen kann. Über Jahrzehnte hinweg ist man gemeinsam gealtert.

Herz und Hirn hingegen sind noch „Taufrisch“. Davon kann man sich 20 Stücke und elf Zugaben lang überzeugen. Während draußen an den Imbissständen die Schnitzelbrötchen in ihren Brötchenmänteln immer blasser werden (weil alle nur das eine wollen: Currywurst) knödelt, tremoliert und bellt sich „Hebbet“ durchs Programm. Dazu gehören viele Songs vom Tourtitel gebenden neuen Album „Tumult“ (wie „Taufrisch“, Sekundenglück“, „Doppelherz“ oder „Fall der Fälle“). Muss halt so.

Aber mit „Bochum“ und „Männer“ tauchen gleich an sechster und siebter Stelle die ersten unverzichtbaren Hits auf. Nebst Erläuterung: „Bochum kommt aus Köln!“ Zehn Jahre hat Grönemeyer da gewohnt, währenddessen entstanden auch

Alben wie „Sprünge“, „Ö“ und „Luxus“, 1989 wurde seine Tochter Marie in der Domstadt geboren: „Marie – wie dat Funkemariechen. Ich bin ´ne rheinisch-westfälische Mischung.“ An deren tänzerischem Potential einmal mehr kein Zweifel herrscht. Trippelnd, hüpfend oder im Stechschritt saust der Mensch, der immer Mensch bleiben wird, quer über die Bühne, posiert als Stenz oder als stummer Diener auf dem Laufsteg, selbst am Keyboard mag er nicht still halten, wippt mit dem Unterkörper rhythmisch vor- und zurück.

„Alkohol“ („Etwas zur Beruhigung!“) darf nicht fehlen, bei der ersten Zugabe „Der Weg“ kullern einmal mehr im Publikum die Tränchen, und dafür, dass die „Flugzeuge im Bauch“ sich hartnäckig allen Streichungen widersetzen, folgt die Rache postwendend: mit einer Persiflage des eigenen Gesangsstils, irgendwo zwischen kokettem Scatten und orientalischer Serail-Serenade. Die Papierflieger aus dem Publikum fliegen trotzdem. Und der „Oh wie ist das schön“-Gesang bleibt nicht aus. Warum auch nicht? Es stimmt ja. Wäre schlimm, wenn alles gleich bliebe. Nur die tolle Band, mit Gitarrist Jakob Hansonis, Drummer Armin Rühl, Saxofonist Frank Kirchner und den anderen, die darf bleiben.

Fürs Konzert am 27. März, 20 Uhr, in der Westfalenhalle gibt es noch Tickets.