Oberhausen. Gut gemeint, aber intern mit Schadensfolgen. Das Thema Rassismus-Bekämpfung hat Florian Fiedler herbe Probleme gebracht. Er räumt Fehler ein.

Er hatte sich Bedenkzeit erbeten. Nun spricht Oberhausens Intendant Florian Fiedler über ein Problem, das in seinem Haus seit Wochen schwelt. Erst irritierte Mitarbeiter ein externes Ensemble mit dem Wunsch eines Extra-Vertrages („Rassismus-Klausel“). Dann wurde bekannt, dass die Intendanz 2018 Fördermittel beantragt hatte, u.a. um im Umgang mit Zuwanderern „ungeübtes“ Personal zu sensibilisieren. Lars von der Gönna sprach mit dem Theaterleiter.

Treffe ich Sie in der größten Krise Ihrer künstlerischen Karriere?

Florian Fiedler: Die Krise ist nicht künstlerisch.

Nennen wir es also eine Krise als Führungskraft?

Wir sind dabei, hausintern Dinge zu klären und befinden uns auf einem guten Weg.

Der Fall Stefanie Carp hat gezeigt, dass nicht die Krise, sondern die Inkompetenz im Umgang mit ihr das Problem ist. Wo sehen Sie sich im Krisenmanagement, Herr Fiedler?

Jeder macht Fehler. Ich versuche, die interne Kommunikation nach vorne zu bringen: dass wir miteinander reden. Es gibt auf allen Seiten den Wunsch, aufeinander zuzugehen.

Fiedler will eine multikulturelle Öffnung des Theaters. Ein Antrag sorgt für Unmut

Fürchten Sie um Ihr Amt?

Nein.

Es gab eine Unterschriftenliste von Mitarbeitern mit der Bitte an die Theaterleitung – künstlerische und Verwaltung – sich öffentlich hinter ihre Mitarbeiterschaft zu stellen.

Ja, das haben wir gemeinsam gemacht. Das ist gut angekommen.

Unserer Zeitung liegt ein inzwischen genehmigter Antrag auf Fördermittel des Bundes vor, in dem etwa Ihr Kassenpersonal als „besonderes Hindernis“ auf dem Weg bezeichnet wird, Menschen aus anderen Ländern offen zu begegnen.

In dem Antrag wird keine Person als Hindernis bezeichnet, sondern die Außenwirkung, die erzeugt werden kann. Natürlich ist die Formulierung, auf die Sie sich beziehen, sehr unglücklich. Und sich so konkret auf bestimmte Abteilungen zu beziehen, war ein Fehler. Die Verletzungen, die das ausgelöst hat, kann ich verstehen und sie tun mir sehr leid.

Ich sehe Sie in einem Dilemma: Entweder beantragten Sie begründet das Geld, dann gibt es erhebliche Defizite. Oder es gibt sie nicht so stark, aber Sie haben den Antrag so vollmundig formuliert, weil der „Fonds der Kulturen der neuen Stadtgesellschaft“ Geld für genau solche Probleme locker macht. Wer die nicht einräumt, kriegt nichts. Klartext, bitte: Hat Ihr Haus ein Rassismus-Problem?

Ich bin fest davon überzeugt, dass niemand hier im Haus rassistische Absichten hat. Manche Äußerungen können aber so ankommen, auch wenn sie eigentlich nett gemeint sind oder einfach nur witzig. Um solche, nicht absichtlich getätigten Äußerungen, die aber Verletzungen ausgelöst haben, geht es uns. Wir haben das auch intern besprochen. Es gibt kein spezielles Rassismus-Problem an diesem Haus, darum ging es bei dem Antrag auch nicht, aber es gibt ein allgemeines Rassismus-Problem. Davon sind wir alle betroffen, auch die Theater. Das schließt mich selber ein: Auch ich ertappe mich bei rassistischen Denkmustern. Es ist wichtig, für dieses Problem eine Wahrnehmung zu schaffen, sonst wird es immer wieder zu Verletzungen und zu dem Gefühl kommen, nicht wirklich dazuzugehören.

Oberhausens Intendant Fiedler ertappt sich selbst bei „rassistischen Denkmustern

Worum ging es denn, als Sie den Antrag bei der Bundeskulturstiftung für die Förderung stellten?

In dem Antrag ging es darum, einen selbstkritischen Umgang mit einem gesellschaftlichen Phänomen darzulegen. Diese Förderung zu beantragen war politisch gewollt. In dem Programm geht es darum, das Theater für eine veränderte Stadtgesellschaft und andere Zielgruppen weiter zu entwickeln und attraktiver zu machen. Diesen Antrag bewilligt zu bekommen, ist eine große Auszeichnung.

Warum gibt es bei Ihnen diese starke Ausrichtung auf Menschen mit Migrationshintergrund?

Unsere Gesellschaft ändert sich massiv, was schön ist, aber auch Missverständnisse nach sich zieht. Die können nur durch gegenseitiges Zuhören und miteinander Reden überwunden werden. Wir wollen Theater für alle Menschen in Oberhausen machen. Vielfältige Themen, vielfältiges Publikum.

Sie könnten auch um die kämpfen, die Ihnen in Scharen weggelaufen sind...

Wir hatten in unserer ersten Spielzeit 3% weniger Zuschauer als mein Vorgänger in seiner ersten Spielzeit. Auch wenn das keine Scharen sind, tut es mir um jeden Zuschauer leid, der nicht mehr kommt. Entsprechend bemühen wir uns sowohl um unsere ehemaligen wie um unsere neuen Abonnenten. Es gibt neue Angebote für einkommensschwache Menschen, spezielle Abos für junge Menschen und neue, weiter gehende Kooperationen mit Schulen. Wir bemerken erste Erfolge, die Zuschauerzahlen ziehen an.