. Zwei Königinnen, ein bekanntes Drama, Regen, Männer, schöne Pferde: Josie Rourkes Kino-Debüt gilt „Maria Stuart“ und ihrer Rivalin Elisabeth.

Schöne Pferde, heikle Männer, schlechtes Wetter: Das Leben einer englischen Königin vor knapp 500 Jahren war gar nicht so sehr anders als heute. Zugestanden: Es zog mehr durch die Mauerritzen der Paläste, Intrigen endeten nicht im „Goldenen Blatt“, eher auf dem Schafott, und die Porträtmaler waren die liebenswertesten, weil bezahlten, Paparazzi der Welt.

Das sind so die leichtfüßigeren Erkenntnisse eines groß angekündigten, im Ergebnis dann nicht ganz so großen Stücks Kino, das ab Donnerstag als „Maria Stuart. Königin von Schottland“ nach der Blockbuster-Krone greift.

Um ganz höfisch erst einmal ein Kompliment zu platzieren: Die größte Leistung eines Historien-Schinkens bleibt es 2019, sich fernzuhalten von jener billig-frivolen „Dallas in Ritterrüstung“-Ästhetik und der plumpen Erzählweise, die durch den bedauerlichen Erfolg von „Game Of Thrones“ medial so unumgänglich geworden scheint. Josie Rourke setzt – vielleicht, weil ihre Schule zwei Jahrzehnte lang das britische Theater war – aufs Gegenteil. Wenn uns dieser Film (Rourkes Kino-Debüt übrigens) traurigschöne Glücksmomente beschert, dann beim Grasen auf jenen Augenweiden, zu denen John Ma­thiesons Kamera uns führt.

Eingefangenes Licht der ewigen Finsternis

Nehmen wir nur das eingefangene Licht in der ewigen Finsternis schottischer und anderer Machtzentralen: Nah an Alten Meistern wie Vermeer beleuchtet es dunkle Ahnung und helle Sehnsüchte. Und dann die Perspektive: So stolz der Tross Marias aufbricht, so klug wählt die Kamera eine himmelgleiche Position, die die ganze hornblasende Militär-Hoffnung in den Hügeln Schottlands auf die bejammernswerte Vergeblichkeit einer Ameisen-Prozession schrumpfen lässt.

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Doch blicken wir auf die Heldinnen: Das etwas unstete Leben Heinrichs VIII. bescherte der Thronfolge eine heikle Gemengelage. Denn sein Kind Elisabeth galt als illegitim, da er sich von der Mutter Anne Boleyn per Beil getrennt hatte. Elisabeths älterer Halbschwester Maria ging es nicht besser, denn Heinrich, der zwischendurch auch noch die katholische Kirche verlassen hatte, schloss sie als Thronfolgerin aus: Sowas Wichtiges sollte ja doch ein Mann machen.

Zwei Königinnen als Faszinosum

Nun, die Geschichte entschied letztlich anders. Das Faszinosum, zwei Königinnen zu haben – den „Bastard“ Elisabeth auf dem Thron und die Prätendentin Maria, die Schottland regierte, aber weitere Ansprüche hatte – reizte ihre Zeitgenossen, teils bis aufs Blut, und spätere Dichter wie Schiller und Stefan Zweig, schließlich (seit Stummfilmtagen!): das Kino.

Der Stoff ist dankbar und undankbar zugleich. Die rare Konstellation zweier Weltpolitikerinnen im Machtkampf, dazu ein Heer fallenstellender Männer: Drama satt. Souverän umkreist Rourke den Topos jener Einsamkeit, die Macht erzeugt. Zugleich scheitert sie am Komplexen einer Historie, die ganze Bibliotheken füllt. Und sie verfehlt das Ziel, uns übers Episodische hinaus emotionale Nähe zu den Königinnen schenken.

Am Ende wie ein Clown von King

Wir sehen also die imposanten Schauplätze wie im Bildersaal, hängen wechselnd und doch mit eher teilnahmsloser Sympathie an den Lippen der madonnenschönen Maria (Saoirse Ronan) und der auch ohne Kerker ungleich isolierteren Elisabeth (Margot Robbie), die Rourke am Ende leider wie einen Clown von Stephen King durchs Bild geistern lässt.

Mehr als Popcorn-Kino für gebildete Stände bieten diese 124 Minuten kaum. Einen Oscar in der Sparte aufdringlichste Filmmusik hätten wir noch zu vergeben: Max Richter erkennt mit kitschigen Engelschören und paukendem Pathos den Majestäten das Attribut stiller Größe kleinbürgerlich ab.