Düsseldorf. . Ein deutsches Kult-Porzellan zum Staunen: Die vielen „Häute“ des berühmten Zwiebelmusters zeigt eine Schau in Düsseldorfs Hetjens-Museum.
Blau. Blau. Blau. Nicht irgendein Blau, sondern Kobaltblau. Auch „bleu royal“ genannt, nach August dem Starken, Kurfürst und Herzog von Sachsen, später König von Polen-Litauen (1670-1733), der sich in die intensive Farbe verliebte. Die Besucher des Hetjens-Museums in Düsseldorf trifft die Auswirkung dieses Faibles derzeit mit aller Wucht. Weil sich das Haus einem Klassiker widmet: dem Meissener Zwiebelmuster. Gestaltet im Stil jener unterglasurblauen Malerei, die der für Prachtentfaltung, Sammelleidenschaft und Sinnesfreude gleichermaßen bekannte Regent von Porzellanen kannte, die man aus China importiert hatte.
Erstmalig in einer Sonderausstellung zu sehen ist die Sammlung des Münchners Hartmut Lubcke, der in 25 Jahren rund 2500 Objekte zu einer Art Historie des Klassikers aus Meissen zusammentrug. Sie gilt als größte private Kollektion ihrer Art. Von Fülle und Opulenz des Tisch- und Tafelgeschirrs im „Rohadabläh“, wie der starke August das „Roi de bleu“, das königliche Blau, im schönsten Sächsisch auszusprechen pflegte, ist der Besucher beim Eintreten erst einmal überwältigt. Sortiert sich dann aber allmählich.
Zwiebelmuster im Hetjens-Museum Düsseldorf: Strahlkraft trifft enorme Vielfalt
Von Vitrine zu Vitrine gelingt das besser. Man wird wieder Herr seiner durch die Strahlkraft der aus Eisen- und Kupferoxide gewonnenen Farbe verwirrten Sinne. Um zuerst den Vorläufern des ab 1730 produzierten Kultporzellans – blau bemalten chinesischen Tellern aus der Zeit des Kaisers Kangxi (1662-1722) – zu begegnen. Dann zu lernen, dass das Innere des Tellers Spiegel heißt und dessen Umrandung Fahne genannt wird, und schließlich zu erfahren, dass das legendäre Muster erst im 19. Jahrhundert „verzwiebelt“ wurde. Vorher sprach man nur von „Blau Ordinaire Mahlery“.
Der Titel der Schau „Zum Heulen schön!“ spielt sowohl auf die Leidenschaft an, welche die begehrten Manufakturerzeugnisse bis heute hervorrufen, als auch auf das namensgebende Gemüse. Tatsächlich ist die aufgemalte Zwiebel aber gar keine – als Vorbilder dienten chinesische Darstellungen von Pfirsichen und Granatäpfeln.
Schönheit der Details: Löwen und Liebespaare zieren Griffe oder die Füßen von Tafelaufsätzen
Erst 1755 wurde das Dekor zwingend festgelegt. In vier Etappen – Rokoko, Klassizismus, Biedermeier und Historismus entwickelt sich in 150 Jahren eine ungeheure Variationsbreite, von großen Platten und voluminösen Deckelterrinen, deren Griffe die Form von Löwen oder Frauenköpfen haben bis hin zu opulenten Tafelaufsätzen, an deren Füßen sich neckische Liebespaare ein Stelldichein geben.
Hingucker inmitten all der Tassen, Kannen und Saucieren ist eine für 14 Personen festlich eingedeckte Tafel. Sie zeigt einmal mehr die immense Bandbreite des „Rohdabläh“.
---------------------------------
Zum Heulen schön!“ Hetjens – Deutsches Keramikmuseum, Schulstr. 4, Düsseldorf. Bis 17. März.