Düsseldorf. . Ein bisschen politische Botschaft und noch viel mehr Party: Die Punkband aus Mecklenburg-Vorpommern bringt jede Menge Spaß.

Für diese Rezeptur braucht es weder haut- und grätenfreie Stücke von aquatisch lebenden Wirbeltieren mit Kiemen, noch den fetthaltigsten Teil der Milch. Auch Pflanzenöl, Zwiebeln, Gurken, Zucker, Joghurt, Äpfel, Salz, Branntweinessig, Eigelb, Senfsaat und Magermilchpulver sind nicht vonnöten.

Aber: zwei Lead-Stimmen, zwei Trompeten, ein Bass, eine Gitarre und ein Schlagzeug, Jan „Monchi“ Gorkow, Christoph Sell, Jacobus North, Max Bobzin, Kai Irrgang und Olaf Ney, 14 Stücke, acht Zugaben und 7500 begeisterte Fans. Beträgt dann die Zubereitungszeit zwei Stunden, wie in der Mitsubishi Electric Halle am Freitag in Düsseldorf, gelingt das Feine Sahne Fischfilet perfekt.

Eher Grob- als Feinkost

Musikalisch bietet die Band aus Mecklenburg-Vorpommern eher Grob- als Feinkost: Schrabbelnd, sägend und dreschend, laut, schnell und druckvoll. Punkrock mit Ska-Einsprengseln, der stellenweise an die jungen Toten Hosen erinnert. Schon beim ersten Stück „Zurück in unserer Stadt“ fliegen Bierbecher. Frontmann Gorkow, drei Zentner auf knapp zwei Meter verteilt, feuert die Menge an, reißt die Arme hoch, präsentiert seinen majestätischen Buddha-Bauch.

„Seit Wochen fiebern wir auf diesen Auftritt zu – vorhin hin sind wir hier rum gelaufen – was für eine Riesenhalle“, sagt er, „wir haben hier wunderschöne Abende erlebt, mit den Broilers und den Toten Hosen, so 30, 40 Minuten lang – aber heute, verfickt noch mal, gehört die Halle uns!“

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Die Zeiten als Vorband sind vorbei. „Alles auf Rausch“ ist Programm. Wenn es im Text heißt „Vor der Bühne bunter Rauch“ zünden die Punk-Ultras ihre Fackeln. Fette rote und grüne Schwaden quellen empor, es riecht nach Schwefel.

Später kommen die Security-Leute kaum nach, die Massen der Crowd-Surfer einzusammeln, die nach dem Ritt auf dem Hände-Meer anlanden. Kaum haben sie festen Boden unter den Füßen spurten sie durch den Graben zurück ins Publikumsgewoge. Bedeckt von einer Gischt aus Schweiß, voll mit Endorphinen, die Gesichter in Spiegel purer Glückseligkeit verwandeln.

Es werden noch mehr Glückseligkeiten. Trompeter Max Bobzin, der als Crowdboarder auf einer geflügelten Banane Passagiere mit an Bord nimmt. Die PET-Flaschen mit Bier, die Gorkow ins Publikum wirft, eine Schnapsdusche mit dem Feuerwehrschlauch.

: Jan „Monchi“ Gorkow (Gesang),  in der Mitsubishi Electric Halle,  Düsseldorf
: Jan „Monchi“ Gorkow (Gesang), in der Mitsubishi Electric Halle, Düsseldorf © Thomas Brill

Oder die Runde, die der Mann, der mit dem Bart im runden Gesicht in der Tat einem Monchichi ähnelt, für die in der ersten Reihe ausgibt. Giftgrünes Gesöff, direkt aus der Pulle, aus der er selbst ab und zu einen tüchtigen Schluck nimmt. Knigge würd’s schaudern.

Jedoch: Es gibt auch ernste Seiten: der Frontmann fordert die Fans auf, den Benefiz-Stand für die Seenot-Rettungs Mission „Sea Watch e.V.“ leer zu kaufen oder Neonazis aktiv Widerstand entgegenzusetzen. „Angst frisst Seele auf“ widmet er Katharina König-Preuss, in Thüringen Mitglied im NSU-Untersuchungsausschuss.

Eine NS-Band hat darüber ein Lied gemacht hat, „das drei Minuten davon handelt, wie man eine Freundin von uns abschlachtet“. Und „Suruc“ über das Attentat in der türkischen Stadt ist „für alle Menschen, die sich da unten den Wichsern von der IS entgegenstellen. Für das Leben und gegen den Tod.“ Da fliegen keine Becher mehr und die Surfer-Fänger haben Pause. Für kurze Zeit.