Köln. . Die Shooting-Stars des Jahres 2016 haben in Katalonien an dem Album „Schlagschatten“ gefeilt. Mit autobiografischen Texten

Anfangs spielten Christopher Annen, Henning May und Severin Kantereit auf Schul- und Straßenfesten oder in Kellerclubs. Die ersten Songs nahm das Trio aus Sülz 2013 auf, 2014 folgten die ersten Festivals. 2016 katapultierte das Debütalbum „Alles nix Konkretes“ und die Single „Oft gefragt“ AMK an die Spitze der Charts und in die großen Hallen. Morgen erscheint „Schlagschatten“, das lang erwartete zweite Album. Susanne Schramm sprach mit Sänger und Pianist Henning May (26) und Gitarrist Christopher Annen (28).

War die Album-Produktion in Katalonien wie Ferien?

Annen: Eher nein. Es war Arbeit an einem sehr, sehr schönen Ort. Wir waren vier Wochen in einem kleinen Dorf, haben da jeden Tag sehr konzentriert gearbeitet, und dann in Girona im Studio. Wir haben die Möglichkeiten eines Studios viel mehr genutzt. Man muss nicht immer alles live machen, man kann auch mal ‘ne dritte oder vierte Gitarre anspielen. Das ist ein großer Unterschied zu vorher, da hatten wir einen Riesen-Respekt vor.

Wurmt es Sie, dass das zweite Album am ersten gemessen wird?

Annen: Das ist nichts, weswegen ich mir viel Stress mache. Ich finde, es geht auch weniger um Vergleiche als darum, dass es das widerspiegelt, wie wir gerade sind.

Sie sind jetzt nicht mehr „21, 22, 23“, was hat sich da geändert?

Annen: Es haben sich ein paar Sachen geändert, wäre ja auch komisch, wenn ich emotional noch auf dem gleichen Stand wäre. Aber ich fühle mich auch nicht super erwachsen. Vielleicht ein paar Jährchen älter…

May (Richtung Annen): Äußerlich!

Annen (tut empört): Danke!

May: Wir sind viel entspannter geworden. Unsere Konzerte sind ausverkauft, wir müssen uns keine Sorgen mehr darum machen, wovon wir nächstes Jahr die Miete bezahlen. Das ist was ganz Tolles: jung zu sein und keine finanziellen Probleme zu haben.

Sind Sie schon so prominent, dass das Rausgehen schwierig wird?

Annen: Das ist in der Band unterschiedlich, bei mir und besonders bei Henning ist es deutlicher ausgeprägt. Wenn ich mit einem Freund in einem Café sitze, achte ich darauf, dass ich nicht so laut rede, weil jemand, der einen Tisch weiter sitzt, mich vielleicht erkannt hat.

Sind alle Texte autobiografisch?

May: Ja. Bei „Alle Fragen“ blickt Malte auf seine alte Heimat, „Sieben Jahre“ zeigt Sevis emotionale Realität, als ich „Marie“ geschrieben habe, war ich sehr verliebt. Und „Ich geh heut nicht mehr tanzen“ ist zusammen mit der Crew entstanden. Da kommt der Reim „Ich rauche lieber Pflanzen“ vor.

Könnten böse Journalisten Sie jetzt eine Kifferband nennen?

May: Wir sind eine sehr zuverlässige, ernste Band. Aber wenn ich die Wahl zwischen einem Schnaps und einem Joint hab, zieh ich lieber am Joint. Kiffen ist angenehmer als Saufen, Schnaps macht Leute lauter und aggressiver.

In den neuen Texten taucht auffällig oft „Ich bin müde“ auf…

May: Das ist nur auf mich bezogen. Diese Müdigkeit ist ein Zeichen von Depression. Matt sein und müde sein, so ist das mit Depression. Ich stand lange davor. Ich war lange Zeit absolut feddich – der absolute Verlust von Anonymität im öffentlichen Raum war unglaublich hart. Ich war erschöpft von dem Leben, das wir geführt haben, die ganzen Auftritte und das viele Reisen. Ich habe mich lange versteckt. 2014, 2015 und 2016 haben wir über 100 Konzerte gespielt.

Hört sich heftig an…

May: Das soll nicht unbedingt so bleiben. Konzerte sind super anstrengend, körperlich wie emotional. Wir wollen das runterfahren. Was man auch nicht übersehen darf: dass wir Handwerker sind. Jeden Tag musst du üben. Ich bin faul. Aber üben muss ich trotzdem.