Zwischen Höllenrachen und Himmelssehnsucht – Pianist Martin Stadtfeld legt eine besondere Bach-Hommage vor.

Johann Sebastian Bach ist ein guter Stern auf dem Weg Martin Stadtfelds. Seine Deutung der „Goldberg Variationen“ regierte einst die Klassik-Charts, später widmete der Koblenzer mit Wahlheimat Herne sich auf höchstem Niveau den Klavierkonzerten, förderte aber auch die verkannte Schönheit kleiner Stücke zutage.

Sein eben erschienenes Album ist vielleicht die schlüssige Folge all dieser intensiven Auseinandersetzung. Denn Stadtfelds „Hommage an Bach“ ist deshalb ein beeindruckendes Zeugnis, weil es von Wertschätzung und künstlerische Emanzipation zugleich geprägt ist. Es vergeht nicht einmal eine Viertelstunde reinsten Bachs (Stadtfeld überträgt die Geigen-Chaconne in d-Moll eloquent auf die Möglichkeiten der Klaviatur), da nimmt uns der nunmehr 38-Jährige an die Hand, uns zu „seinem“ Bach zu führen. Das ist in den zwölf Eigenkompositionen (und ebensovielen Tonarten) durchaus ein Abenteuer, weil spürbar ist, dass Stadtfeld uns alles zeigen will, was Bach kann und – nicht nur in ihm – bewirkt hat.

Ein raffiniert gebautes Dutzend

Aber es ist nicht allein die Klang gewordene Bachwelt zwischen Höllenrachen und Himmelssehnsucht, von der dieses raffiniert gebaute Dutzend erzählt. Stadtfeld umkreist auch das Thema der Unentrinnbarkeit aller Nachfolger angesichts des Titanen Bach. Schubert-Motive vom Wanderer über rauschende Bächlein und liedhafte Echo-Rufe sprechen aus Choral und Pastorella. Dann wieder scheinen mit wuchtiger Erschütterung Mussorgskys „Bilder“ aus dem Rahmen zu fallen.

Martin Stadtfeld hat sich lange Zeit gelassen mit dem Aufnehmen eigener Werke. Solche Skrupel ehren ihn, begründet sind sie angesichts der beeindruckenden Güte dieser Stücke nicht.

Es ist ein Album – Stadtfelds verstorbenem Lehrer Hubertus Weimer gewidmet – für das der Hörer Lust am Entdecken mitbringen sollte. Dass das lesenswerte Beiheft von Romanik spricht, wenn es Romantik meint, wird die zweite Auflage mühelos korrigieren.

Martin Stadtfeld. Homage to Bach, CD bei Sony Classical