Oberhausen. Seit Donnerstag fliegen die Fledermäuse aus der Hölle in Oberhausen. Im Metronom-Theater am Centro feierte „Bat Out Of Hell“ Deutschlandpremiere.
Ein paar Wochen haben sie sich warm geflogen, jetzt hat man sie freigelassen. Seit gestern fliegen die Fledermäuse aus der Hölle in Oberhausen. Im Metronom-Theater am Centro feierte „Bat Out Of Hell“ seine Deutschlandpremiere – mit lauten Rock’n’ Roll-Nummern und kaum leiseren Klavierballaden, mit schweren Motorrädern, viel Feuer und Rauch.
„Bat Out of Hell“ wirkt auf den ersten Blick wie ein so genanntes Jukebox-Musical, ein Musical also mit bekannten Liedern, um die herum eine Geschichte konstruiert wird. Das ist es aber eigentlich nicht. Denn ursprünglich hat Jim Steinman die Songs in den frühen 1970ern für ein Musical namens Neverland geschrieben, in dem er die Geschichte von Peter Pan in die Rockerszene verlegen wollte.
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Ein Plan, den die Erben von Peter Pan-Autor James Matthew Barrie in etwa so unterhaltsam fanden wie eine Wurzelbehandlung. So landeten die Lieder schließlich auf einer LP seines Kumpels Meatloaf, die sich immerhin 43 Millionen Mal verkaufte.
40 Jahre später nun schließt sich der Kreis. Aber „Bat Out of Hell“ hat nur noch wenig von Neverland. Ja, es gibt die Lost Boys, die nach einem chemischen Zwischenfall immer 18 bleiben und Tinker Bell ist groß geworden und heißt nun nur noch „Tink“. Aber sonst erzählt das Musical in einem fantastischen Bühnenbild eine Lovestory in der verwüsteten Stadt Obsidian.
Texte wunderbar übersetzt, aber nicht immer gut zu verstehen
Strat (Robin Reitsma), 18-jähriger Unsterblicher mit leichtem Rudi-Carrell-Akzent und Chef einer Jugendbande, liebt Raven (Sarah Kornfeld), die Tochter des ortsansässigen Diktators Falco (Alex Melcher) und seiner Frau Sloane (Willemijn Verkaik). Es gibt Streit, Aufruhr, Verrat und auch ein Toter ist zu beklagen. West Side Story trifft Romeo und Julia in der Welt von Mad Max und Freunden. Und am Horizont dämmert ein wenig „Twilight“. Mit anderen Worten: ein feiner Quatsch.
Aber das ist nicht schlimm, das gibt es oft im Musical. Man muss hier allerdings gewisse Sympathie für die Musik von Jim Steinman haben, die er selber gerne „Wagnerian Rock“ nennt – bombastisch, opulent, in guten Momenten mit der Fähigkeit, Gänsehaut zu erzeugen. Und man muss sich daran gewöhnen, dass überwiegend auf Deutsch gesungen wird, zu Texten, die Roland Schimmelpfennig und Frank Ramond elegant und einfallsreich vom Englischen ins Deutsche übertragen haben. Nur so, sind die Musical-Manager in Oberhausen überzeugt, seien wirklich alle Besucher in der Lage, der Geschichte zu folgen. Das setzt allerdings voraus, dass man die Texte dann auch akustisch versteht. Und dafür muss diese gigantische „Wall Of Sound“, die Steinman erschaffen hat, perfekt abgemischt sein. Was bei den rockigen Nummern nicht immer der Fall ist.
Nach der Pause folgt Hit auf Hit - doch Höhepunkt ist ein neuer Song
So wird die Show im ersten Teil zu einer Berg- und Talfahrt, bevor sie dem Publikum nach der Pause Hit auf Hit entgegenschleudert. Bis dann ausgerechnet der einzige neue Song zum vorgezogenen Höhepunkt wird. „Wo tut der Schmerz am meisten weh?“ fragen die überragenden Falco und Sloane in dieser Ballade. Wie sie diese Frage in ihrem Duett beantworten – verzweifelt, ratlos und mit einer Leidenschaft, die dem jungen Liebespaar Strat und Raven in vielen Szenen noch fehlt, das allein ist schon den halben Eintrittspreis wert. Und es ist der Augenblick, in dem einen dieses Musical packt. Es lässt einen dann auch nicht mehr los bis zum Finale – selbst wenn unterwegs mancher Darsteller stimmlich kurzfristig an seine Grenzen gerät.
Wer aufpasst, kann am Ende tatsächlich Fledermäuse fliegen sehen. Man freut sich darüber und wünscht ihnen, dass sie nicht schnell abstürzen in Oberhausen. Leicht aber werden sie es dort nicht haben...