Dortmund. . Man entkommt ihm nicht: Giuseppe Verdis „La Traviata“ ist ein Dauerbrenner, doch in Dortmund zeigt sich das Werk in unvergleichlicher Dramatik.

Es wird gehegt und gepflegt in Dortmund, dieses Pflänzchen namens konzertante Oper. Doch abseits mancher Gepflogenheit, die musikdramatischen Mauerblümchen ins rechte Licht zu rücken, ist hier der Fokus zumeist auf das Gängige gerichtet. Giuseppe Verdis „La Traviata“ ist so ein Dauerbrenner. Und im Konzerthaus zündet das Spiel um Lebenslust, Liebe und Tod nun erneut.

Der da vom Dirigentenpult aus alles in Flammen setzt, ist Teodor Currentzis, ein exzentrischer Antreiber, Freund klanglicher Extrema. Seine Art des Dirigierens, den großen Zampano markierend, muss nicht jedem gefallen. Doch der Dramatik, die sich hier entfaltet, kann niemand entkommen.

Große Szenen der tiefen Liebe

Diese Sogkraft speist sich einerseits aus den filigranen, ätherischen Klängen, die das langsame Sterben der lungenkranken Edelkurtisane Violetta Valéry begleiten. Zum anderen bestechen die großen Szenen der tiefen Liebe zwischen ihr und Alfredo Germont, der indes Alfredos Vater im Wege steht. Es ist eine tragische Dreiecksgeschichte, aus der keiner unbeschadet hervorgeht.

Der so emphatischen wie psychologisierenden Musik stellt Verdi lustvolle Klänge einer frivolen Festgesellschaft gegenüber. Currentzis jedoch will die Spannungen zwischen den Hauptfiguren auf das bunte Treiben projizieren. Und so werden die Chortableaus im 1. und 2. Akt zu hochdramatischen Gebilden, dynamisch bisweilen überzüchtet, gleichwohl wirkmächtig. Das ist dem MusicAeterna Chor und Orchester zu danken. Gesang und Spiel sind famos, technisch auf hohem Niveau. Currentzis’ Liebe zu Kontrasten in Sachen Tempo und Dynamik mögen befremden, doch alle Interpreten folgen willig.

Mit Noblesse und anrührender Traurigkeit

Nadezhda Pavlova haucht das Leben der Traviata in fragilen Tönen aus. Zorn und Leidenschaft wiederum geben ihrer Stimme aufblühende Kraft, wenn auch manche Fokussierung ungenau bleibt. Airam Hernández (Alfredo) hingegen vereint lyrischen Schmelz mit tenoraler Strahlkraft aufs Schönste. Dimitris Tiliakos gibt den Vater Germont außergewöhnlich dämonisch, auch mit Noblesse und anrührender Traurigkeit. Mächtiger Applaus.