Bochum/Witten. . Torsten Sträter beglückt das Publikum mit einem Doppelpack beim Zeltfestival Ruhr.
Sprachlich-literarisches Niveau: eher übersichtlich. Anspruch/Botschaft: kaum vorhanden, erst recht nicht erwünscht. Äußeres: nun ja. Wirkung: phänomenal. Schon erstaunlich, mit welch scheinbar begrenzten Mitteln Torsten Sträter in den letzten drei, vier Jahren zu den populärsten Comedians in deutschen Landen aufgestiegen ist.
Schon im Vorverkauf waren sämtliche Karten für Sträters ersten Doppelpack beim Zeltfestival Ruhr vergriffen. Die jeweils 1100 Besucher lachen nicht. Nein: Sie juchzen und glucksen über Sträters herrlich skurrile Geschichten, dargeboten mit bräsig-westfälischem Mutterwitz und in einer Lässigkeit, die das Stand-up-Format kein zweites Mal aufbietet.
Sträter gelingt, was etlichen Spaßmachern für immer fremd bleiben wird: Der Mann mit der Mütze spielt keine Rolle, sondern genügt sich als Erzähler, als Chronist des Wahnsinns namens Alltag. Bis auf einige wunderbare Schmähungen über das „Freiwild“-Shirt der Dame in Reihe 1 komplett frei von Politik, gar Gesellschaftskritik. Unaufgeregt. Unspektakulär. Und doch ungleich humorvoller als mancher Kollege, der sich im Land des Lächeln mit schrillen Zoten hervortut. Merke: Komik kann cool sein.
Das Fernsehen bot dem Waltroper die perfekte Startrampe. Dauergast bei „Nuhr im Ersten“, der eigene „Männerhaushalt“ im WDR: Die TV-Macher haben frühzeitig erkannt, welch ein Talent in dem gelernten Herrenschneider schlummert. Live ist der 51-Jährige längst eine sichere Bank. „Es ist nie zu spät, unpünktlich zu sein“, heißt sein aktuelles Programm. Roter Faden, was ist das? – fragen sich Autor und Publikum dabei gleichermaßen. Abgesehen von einigen wenigen Kurzgeschichten kommen die 150 (!) Minuten als Ansammlung abgedrehter Stegreif-Storys daher. Mitunter platt („Letzte Woche hab’ ich mich am Verbandskasten geschnitten. Ich dachte: Das ist aber praktisch!“). Aber immer dazu angetan, gerade hier im Revier für Lacher zu sorgen. Mit seiner neuen Fitness-Uhr will er täglich 8000 Schritte laufen. „Dann wäre ich in Mengede. Doch was soll ich da?“
Einige ernste Momente mischen sich in die Erzählungen aus Absurdistan. Etwa, wenn er seine jahrelangen Depressionen oder den Tod seiner Mutter thematisiert. Sträter beherrscht diese Gratwanderung, grinst immer wieder in sich hinein, scheint sich selbst am besten zu amüsieren. Und wirkt bei seinem Anflug von Selbstzweifel wenig glaubwürdig. „Irgendwann in zwei Jahren“, sagt er am Ende, „fliegt auf, dass ich eigentlich nur Scheiße mache. Dann wird alles vorbei sein.“
Schön, dass seine Fans bis dahin noch viel Spaß haben werden.