Ruhrgebiet. . Olgas Rock, Ruhr Reggae Summer und Haldern Pop lockten am Wochenende Tausende zum Musikgenuss unter freiem Himmel
Sommer, Sonne, Musik: Gleich drei Festivals in der Region luden tausende Zuschauer zu einem entspannten Miteinander.
Olgas Rock in Oberhausen
Selten war das Nachsitzen wohl beliebter als am Samstag im Oberhausener Olga-Park: Die 19. Auflage des Umsonst-und-draußen-Festivals „Olgas Rock“ verdient sich zum Finale Bestnoten. Die aus Mülheim und Oberhausen stammenden Ska-Punk-Haudegen Sondaschule lassen in der Parkanlage die Handy-Displays leuchten und verschaffen der Sause eine immergrüne Rekordzahl. Rund 16 000 Fans sorgen am Samstag fast für einen Einlass-Stopp. Addiert man die 9000 Festival-Besucher vom Freitag hinzu, feiern 25 000 Olga-Kenner an zwei Fetentagen im Stadtteil Osterfeld mit Rock, Punk und Pop ab. Lernziel erreicht!
Fiese Regenbremsen bleiben aus. Aufdringliche Hitze fehlt ebenfalls. Folglich sind es satte 9000 Olga-Rocker mehr als im Vorjahr, um sich 18 Stunden lang all die Nulltarif-Melodien anzuhören.
Musste die Feuerwehr zwar den allzu staubigen Boden bewässern, gab es grüne Anleihen immerhin aus dem Instrumentenschrank. Mr. Irish Bastard aus Münster lassen aber saftige Inselromantik in der Klischee-Kiste und krempeln lieber den irischen Folk durch Punk-Elemente auf links. Dass Genre-Grenzen oft pulverisiert werden, gehört seit 18 Jahren zu den großen Stärken von „Olgas Rock“. Ebenso, dass es trotz eher bescheidener Budgets immer wieder angesagte Aufsteiger-Bands auf die zwei Park-Bühnen schaffen. Dazu zählt der Hamburger Punkrock-Pulk Swiss & Die Andern, der momentan kräftig für das dritte Album „Randalieren für die Liebe“ auf die Pauke haut. Oberhausener Wurzeln besitzen Captain Disko, die sich bei „Olgas Rock“ schon mal vor dem Musizieren von einem Bungee-Turm abseilten. Diesmal sind die Jungs zwar bodenständiger, aber nicht minder auffällig: Ihr Turbo-Pop gibt bei den Fans mittlerweile sogar die Laufrichtung vor. „Nach links, nach rechts...“ Der Laie staunt: Ein Hauch von Polonäse Blankenese in der Park-Anlage. Dass Rock, Punk und Pop längst von härteren Genre-Ablegern bis hin zum Metal begleitet werden, zeigt vornehmlich der Festival-Freitag: Louder than Wolves, Fjort und Caliban gehören diesmal zu den Laut-Sprechern des Wochenendes.
Mehrsamkeit in Haldern
Mehrsamkeit? Klingt wie eine Kopfgeburt, ist auch eine. Aber in der Provinz muss man eben ein wenig mehr denken, wenn man aus dem Nichts was auf die Beine kriegen will. Und Haldern kriegt was auf die Beine. 7000 Leute, auch zur 35. Auflage des Mini-Woodstocks am Niederrhein.
Diesmal ohne Matsch und gut organisiert. Aber eben auch mit einem politische Anspruch. Weil man hier den Heimatbegriff nicht den Rechten überlässt, sondern Fremde willkommen heißen will. Für die Musik kam unter anderem Seun Kuti aus Nigeria, die schrägen Deerhoof aus Kalifornien, die HipHopper Lytics aus Kanada. Krasse Experimente mit Chro, Akkordeon und Orchester am Freitag mit Milan Batkovic, Stargaze, the Lytics und eine gute Prise hiesiger Künstler wie Nils Frahm, Gisbert zu Knyphausen und Kettcar. Um wenigstens eine Handvoll der rund 70 Bands zu nennen, deren Botschaft Marcus Wiebusch von Kettcar so zusammenfasste: „Humanität ist nicht verhandelbar.“ Achja: ein großer Spaß mit Party, Popmusik und weitgehender Müllfreiheit ist das ganze auch. Mehrsamkeit ist übrigens das Gegenteil von alleine sein. Musik in 14000 Ohren.
Reggae in Mülheim
Trettmann kommt auf die Bühne, die Menge flippt aus. Samstagabend, kurz nach acht. Seit Freitag läuft das „Ruhr Reggae Summer“-Festival in Mülheim-Styrum. Der Platz vor der Hauptbühne ist voll. „Ich will alle Hände sehen!“, ruft Trettmann, die Menschen kommen dieser Aufforderung augenblicklich nach. Auf den Schultern der Papas sitzen nicht wenige Kinder, die empfindlichen Ohren von großen Ohrenschützern abgedeckt. Gerade ganz vorne spürt man den Bass bis in die Knochen.
Ein entspanntes Fest für die ganze Familie ist dieser Reggae-Sommer auf dem Gelände des Naturfreibads Styrum: Mit Zeltplatz, Markt und kulinarischer Meile bietet es „ein Gefühl wie im Urlaub“ – so beschreibt es die Düsseldorferin Paula Knaps-Loos, die seit Gründung des Festivals vor 12 Jahren zu dessen Fans zählt.
Zu hören bekam sie diesmal Ky-Mani Marley, einen von Bob Marleys Söhnen, dessen Auftritt den Platz vor den übrigen Bühnen beinahe leer ließ. Das furiose Finale des Samstagabends gehörte Kabaka Pyramid – und zum Abschluss am Sonntag spielten Alpha Blondy.