Köln. . Bluesrock-König Clapton hielt Hof in der Kölner Arena – 12 000 jubelten. Aber mehr als eine Zugabe konnte auch donnernder Beifall nicht erreichen
Bevor es am Sonntag zu seinem Gipfeltreffen mit Carlos Santana und Steve Winwood im Londoner Hyde Park kommt, hielt der König der Bluesgitarre noch kurz in Köln Hof. Allerdings kommt Eric Clapton völlig unroyal daher, man denkt eher an den netten Rentner von nebenan, der bei der Gartenarbeit aushelfen will: Schlabberschlackerjeans, ein luftiges Langarmhemd – gepflegte Lässigkeit, wie Claptons Freund Giorgio Armani sie zurechtzupft. Bevor es mit der J.J.-Cale-Leihgabe „Somebody’s Knockin‘ on My Door“ rundgeht, begrüßt der Herr der Saiten die 12 000 in der Arena (wenn auch kopfnickend und einsilbig), was allseits als Omen für einen guten Abend gewertet wird.
Der Sound ist glasklar wie selten in der Kölner Arena. Das kommt nicht nur dem souveränen Akustik-Set in der Mitte zugute („Tears in Heaven“ mit leichtem Reggae-Einschlag und „Layla“ mit Swing-Touch), sondern auch den druckvollen Passagen wie in dem Derek-and-the-Dominos-Song „Got to Get Better in a Little While”, den Clapton zeitweise mit einem mörderischen Verzerrer-Grad fast Richtung Hardrock steuert, nicht nur beim „Hoochie Coochie Man“. Zwischendurch überholt er sich auf dem Griffbrett glatt einmal selbst und muss lachen, was sein extremster Gefühlsausbruch an diesem Abend bleiben wird. Gerade mal eine Zugabe – und dann auch noch das vielsagende „High Time We Went“ von Joe Cocker, bei dem es Clapton weitgehend genügt, den Rhythmus zu rupfen. Der frenetische Jubel, die ohrenbetäubenden Zugabeforderungen im Kölner Wohnzimmer der Pop-Giganten haben Clapton offenbar nicht euphorisieren können.
Vielleicht spielt er auch gar nicht mehr für das Echo der Fans, die zum Teil sogar ihre Kinder von Claptons Qualitäten überzeugen konnten. Wenn er den alten Cream-Klassiker „White Room“ wie eine Selbstversöhnung, eine Selbstversicherung zelebriert, um eins zu sein mit sich und froh darüber. Wenn er in „I Shot the Sheriff“ nach einem etwas strubbeligen Intro die Akkorde zerlegt und tonweise in die Weiten der Halle tröpfeln lässt, wirkt er auch innerhalb seiner altvertrauten Band wie entrückt. Ein Virtuose der Kunstpause und der Verzögerung, bei dem selbst die ungespielten Töne noch Geschichten erzählen, Gefühl strömen lassen. „Wenn Du die Gitarre nimmst,“ hat er einmal seinen Nachahmern geraten, „spiel sie, als wäre es das letzte Mal!“
Paul Carrack an der Orgel beeindruckt mehr denn je mit Hammond-Sound, während Chris Stainton mit seinen gehämmerten und Akkorden das E-Piano bearbeitet, bis die Massen jubeln. Umso mehr verblüfft es, dass Claptons versierter Begleitgitarrist Doyle Bramhall II anfangs immer wieder wie ein unsicherer Schüler nach dem Meister, seinen Reaktionen und der Stratocaster schaut – die beiden spielen schließlich seit über einem Jahrzehnt miteinander. Bassmann Nathan East darf im Solo-Intro zu „Cocaine“ seine Saiten singen lassen, und dann gab’s auf den teuren Plätzen vor der Bühne kein Halten mehr, binnen Sekunden hatte sich der notorische Smartphone-Wald aufgepflanzt.
Dabei muss man sich, angesichts der Vitalität und der ungebrochenen Stimmgewalt, mit der Eric Clapton an diesem Sommerabend seinen und anderen Songs ein neues Leben schenkte, eher keine Sorgen machen, dass dies ein historischer Abend gewesen und es etwa Claptons letztes Konzert auf deutschem Boden gewesen sein könnte. Auch wenn die Konzerte seltener werden – sie sind die eigentliche Lebensform dieses Mannes, auch wenn er dafür mit Tinnitus und anderen Gehörschäden bezahlt hat. Und er hat ja am Montagabend nicht nur „Lay down, Sally“ oder „Tangled in Love“ ausgelassen, sondern auch das epische „The Core“. Da wäre also noch die eine oder andere Audienz fällig.