Gelsenkirchen. Den Charakter des Sängers zu seiner idealen Stimme führen: Anne Schwanewilms leitet die Meisterklasse am „MiR“. Wir verlosen Karten fürs Konzert.
Die Meisterkurse am Musiktheater im Revier sind einzigartig. Nicht etwa Gesangsstudenten, sondern Opernsänger, die längst voll „im Geschirr“ sind, kommen in den Genuss, mit Weltstars zu arbeiten. 2018 ist Anne Schwanewilms die Meistersingerin am Kennedyplatz.
Sie hat die erste Stunde hinter sich, als wir die Sopranistin zum Tee treffen. London, Wien, New York – und: Gelsenkirchen. Kaum jemand weiß: Das ist ein Heimspiel. Es ist lange her, da ahnte Anne Schwanewilms nicht, hier eines Tages Vorbild gestandener Kollegen zu sein: geboren in Resse, Abitur, Ausbildung zur Floristin in Bismarck. Das „MiR“? „Ich war mal mit der Schule in der „Zauberflöte“ – der Eindruck? Ein flüchtiger...“
Anne Schwanewilm leitet 2018 den Meisterkurs am Musiktheater im Revier - die Reihe gilt als einmalig
Oper? Noch Jahre später, als Anne Schwanewilms ihrer Gesangslehrerin zuliebe in Strauss’ „Elektra“ sitzt, hält sie das („schrecklich, und so blutig“) kaum aus. Ein Jahrzehnt später wird sie im selben Stück als „Chrysothemis“ Triumphe von Weltrang feiern. Aber still im Opernparkett sitzen, das kann sie bis heute nicht. „Die Flut an Emotionen, die Musik in mir auslöst“ – Schwanewilms’ Hände formen fast Luftnot – „das kann ich nicht passiv“. Es muss heraus. Sie ist also wie geschaffen für die Bühne.
Was lernt, wer von ihr lernen will? „Was man für ein Typ ist“, sagt Anne Schwanewilms, das zu erkennen sei das A und O. „Du bist nicht, was du singst“, muss sie ihren Schülern manchmal sagen. Und „darüber wegzuwischen, das rächt sich.“ Die Physis betrachte sie genau: breiter Mund oder hohe Wangenkochen? „Wer man ist, darum geht es am Ende beim Singen. Dass ich die Leute erkenne, ihren Charaktertyp, ihre Farbe und szenische Energie“, das sieht sie hier als ihre Aufgabe. Und den jeweils passenden didaktischen Schlüssel zu finden für die „zarte Seelen und den robusten Typen“.
Als Leiterin der Meisterschüler will Anne Schwanewilms aufbauen und nicht zerstören
Sie hat ja selbst noch berüchtigte Diven als Lehrer erlebt: „demotivierend, demoralisierend“. Eine „Frechheit und reine Selbstdarstellung“ nennt Schwanewilms das. „Ich möchte ja den Leuten helfen und das tue ich nicht, indem ich sie in den Boden stampfe. Sie kommen da nämlich nicht mehr so raus wie sie reingestampft worden sind.“
Wie die Gesellschaft mit Fehlern umgeht, das beschäftigt sie überhaupt: „Wissen Sie, Toni Kroos hat jetzt 128 Pässe gespielt, davon sind 122 völlig gelungen, aber sechs eben nicht. Unter den sechsen war einer, der dem Gegner ein Tor brachte. Was wurde der in den Boden gestampft!“ Anne Schwanewilms ist verständnislos gegenüber denen, die Menschen im Rampenlicht als Maschinen verstehen. Sie erzählt von der Callas an der Scala und den Tomatenwürfen gegen sie – weil sie zwei Töne ausgelassen habe. „Ja, sie hatte an einer Stelle technische Schwierigkeiten, aber muss man einen Menschen mit Tomaten bewerfen? Nein!“ – „Respekt“, sagt Anne Schwanewilms und muss keinen Hauptsatz bilden, damit wir nur zu gut verstehen, worum es ihr geht.
Der Teebecher ist leer, unsere Zeit um. Wo, bitte, sagt sie, geht es zum Hotel? Das wissen wir auch nicht. Heimspieler schlafen ja in den meisten Fällen zu Hause.
<<< HINTERGRUND
Höhepunkt des einwöchigen Meisterkurses mit Anne Schwanewilms ist das Abschlusskonzert. Beim „Hör.Genuss“ am Sonntag, 1. Juli, 18 Uhr, im Kleinen Haus präsentieren die Sänger das Erlernte.
Wir haben 2 x 2 Eintrittskarten. Wer gewinnen möchte, ruft heute (Donnerstag, 28. Juni) an: 01378/ 78 76 18 (0,50 € / Anruf aus dem dt. Festnetz, höherer Mobilfunktarif). Bitte nennen Sie Namen und Telefonnummer. Gewinner werden telefonisch benachrichtigt.
Wer bei der Aktion leer ausgeht: Karten (10€) gibt es noch unter 0209-4097200