. . „Blut Salz Wasser“; ein großartiges Glasgow-Buch. Und Denise Mina, vielleicht die derzeit beste schottische Krimi-Autorin, hat einen neuen Verlag
Die Verkaufszahlen im Buchhandel sinken, wie gerade berichtet, aber immer mehr Krimis kommen (deswegen?) auf den Markt. Für Sie und mich macht das die Auswahl nicht leichter. Ein nützlicher Tipp ist da, sich an kleine Verlage mit schmalem, aber profiliertem Programm zu halten, wie etwa Liebeskind (amerikanische Autoren, „Country Noir“) oder Ariadne mit verschiedenen europäische AutorInnen, die das „große I“ wirklich verdient haben wie Liza Cody, Merle Kröger oder Dominique Manotti. Und jetzt auch Denise Mina. Deren voriges Buch hatte ich noch zufällig aus Heynes Bücherflut gefischt und so eine großartige Schriftstellerin aus dem kleinen großen Krimi-Schottland kennengelernt – vielleicht derzeit die beste: „Absolut lesenswert“.
Diesmal läuft es auf die gleiche Empfehlung hinaus. Frau Mina, die schon ein Dutzend Krimis publiziert hat, ist für das deutsche Publikum jedenfalls jetzt am rechten Platz und im neuen Verlag ein großer Gewinn – für ihn, für sie und für uns, bis hin zum Ariadne-typischen düster-geschmackvollen Umschlag. Auf 360 Seiten sind zwei verschiedene Krimis untergebracht. Erstens ein klassischer Polizeiroman, in dem die Inspektorin („DI“) Alex Morrow aus Glasgow ihren fünften Fall zu lösen hat, der mit einer Frauenleiche beginnt, die vor unseren Augen im Loch Lomond versenkt wird, wozu dann noch einige weitere kommen, bis aus der provinziellen Gewalttat ein Gespinst von organisiertem Verbrechen wird, teils lokal, teils global, wie es heute so üblich ist.
Es geht – natürlich – um Drogenhandel, um Immobilienschieberei im großen Stil, Geldwäsche im höheren einstelligen Millionenbereich und derlei Geschäfte. Gewalt ist dabei nur noch Handwerk, Mittel zum Zweck. Ein Haufen Probleme also für Morrow, zumal „die oben“ in Glasgow und London sich schon jetzt ums staatliche Beutegeld streiten und ihre Arbeit eher behindern als unterstützen. Immerhin hat sie einen fürsorglichen Mann und drei entzückende Kinder zuhause, bei all den sorgenbedrückten Ermittlern sonst eine Wohltat für sie, aber auch für uns.
Der Täter ist ein Opfer
Zweitens nun aber wird hier – zunächst ganz parallel – ein „Täterroman“ erzählt: Wir wissen mehr als Morrow und erleben gleich auf den ersten Seiten, wie jene arme Frau erschlagen und versenkt wird, und von wem. Dieser Täter ist aber selbst ein Opfer, ein armer Wicht, den die Drahtzieher zum Mord gezwungen haben und der mit seiner Tat nicht fertig wird. Ein verstörter junger Mann aus dem Prekariat, ein Unglücksrabe „dem auf Erden nicht zu helfen war“, wie der Dichter sagt. Und der doch unser ganzes Mitgefühl findet.
Handwerklich brillant, wie Denise Mina diese beiden Erzählfäden immer enger miteinander verzwirbelt und spannt, bis sie ganz am Ende mit einem Überraschungscoup reißen. Deshalb, auf die Gefahr, mich zu wiederholen: „Unbedingt lesen!“
(Siehe Krimi-Bestenliste links)