Recklinghausen. . „Die Spieler“, Frank Hoffmanns letzte Regie als Ruhrfestspielchef, wird vom Publikum mit Applaus belohnt – und führt zu Wehmut.
Zum Abschied seiner langen Intendanz setzt Frank Hoffmann alles auf jene Karte, die Motor des Theaters ist: Spiel. Allerdings mit jenem doppelten Boden, die Metapher eben nicht von der Bühne zu holen. „Ich setzte alles, was ich habe“ – das Credo des Schauspielers findet sein Echo im russischen Roulette der Weltliteratur.
Der Ruhrfestspielchef überführt Dostojewskis „Der Spieler“ in „Die Spieler“. Die, die ihm so lange gefolgt sind, die in seinen Arbeiten für Luxemburg und Recklinghausen Helden und Mörder, Huren und Heilige in Hoffmanns Regie waren. Ulrich Gebauer, Jacqueline Macaulay und all die anderen. Mit ihm haben sie Jahre ihres Lebens alles auf eine Karte gesetzt: Einen großen Theaterabend zu schaffen. Mal gehörte der ganze Einsatz ihnen, mal verließen sie die Spielhölle mit ziemlich leeren Taschen. Ein schöner Hof von Anspielungen, und Hoffmann versteht ihn auszuschöpfen.
Die Drehbühne als Roulette-Rad
Das kleine Theater des Festspielhauses hat Bühnenbildner Christoph Rasche in ein Casino verwandelt, von allen Seiten von Zuschauern umzingelt, hat sich die Drehbühne als Roulette-Rad eingefräst. Und wenn sie sich in Bewegung setzt (zirzensisch befeuert von live gespieltem Schlagzeug und dem gespenstischen Toten-Ton des Croupiers), dann zieht dieser unselige Haufen von Glücksrittern vorüber: freilich eine Bewegung ohne Fortschritt.
Das zu illustrieren, glückt Hoffmanns Inszenierung, die eher spröde beginnt, in pausenlosen 100 Minuten feingliedrig schön. Geld, Liebe, Glück, Neuanfang: Was Menschen antreibt, kitzelt Hoffmann nicht zuletzt mit einer raffinierten Anti-Besetzung heraus, in der 72-jährige Damen als 25-jährige Blondinchen auftrumpfen. Die Technik gipfelt in dem, was auch bei Dostojewski Höhepunkt und Katastrophe zusammenfallen lässt: Die alte Tante, deren Tod diese Aas- und Pleitegeier so sehr herbeisehnen, schlägt putzmunter in diesem „Roulettenburg“ auf. Und diese Dame (man kann sich nicht satthören, nicht sattsehen an fiesen Finten, feinen Fratzen, flotten Volten) ist der große Wolfram Koch. Wie er als Antonida Tarassewitschewa diesen Gender-Spaß keinen Augenblick an eine billige Chez-nous-Nummer verrät, allein das lohnt den Besuch.
Beifall und Wehmut zum Abschied
Es gab viel Beifall, wohl auch von Abschiedswehmut umflort. Aber auch das Intendantensein ist am Ende nur eine Rolle. Frank Hoffmann wird es sich oft genug gesagt haben: Wir spielen alle, wer es weiß, ist klug.
Weitere Termine: Samstag, 16.6.2018, 13 Uhr und 18 Uhr (die Abendvorstellung ist bereits ausverkauft).